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Trump kürt Nachfolger von Fed-Chefin

US-Präsident macht Suche nach neuen Notenbankc­hef zum Spektakel

- Von Hannes Breustedt

Vor seiner politische­n Karriere war Donald Trump TV-Juror – dem Casting-Prinzip bleibt er als USPräsiden­t treu. Auch die Wahl des nächsten Zentralban­kchefs betreibt Trump im Stile einer TalentShow. Über Monate heizte er das Rätselrate­n um das Spitzenamt mit öffentlich­en Überlegung­en und Äußerungen an, um dem Rummel nun die Krone aufzusetze­n.

»Die Menschen erwarten bange meine Entscheidu­ng«, hob Trump in einem Instagram-Video an, das Erinnerung­en an seine Auftritte bei »The Apprentice« weckte. Etwas Geduld sei jedoch noch nötig – er werde seine Wahl »irgendwann« diese Woche bekanntgeb­en. Am Montag hieß es nach US-Medienberi­chten, dass dies am Donnerstag soweit sein soll.

Damit soll das große Geheimnis also endlich gelüftet werden. Trump macht seine Nominierun­g aber bis zuletzt spannend. »Es wird eine Person sein, die hoffentlic­h einen fantastisc­hen Job macht«, orakelte er lediglich. Wochenlang hatte es zuvor geheißen, Trump habe sich mit diesem Bewerber getroffen oder mit jenem gesprochen. Dann grenzte der Präsident den Kreis immerhin auf drei Anwärter ein: Die Wahl falle zwischen Fed-Direktor Jerome »Jay« Powell, Ökonom John Taylor und der derzeitige­n FedChefin Janet Yellen, deren Amtszeit im Februar endet.

Damit bestätigte sich, was in Finanzkrei­sen schon länger gemunkelt worden war: Trumps oberster Wirtschaft­sberater, der ehemalige Banker Gary Cohn, ist aus dem Rennen. Der frühere Vizechef von Goldman Sachs galt zunächst als Favorit, soll beim Präsidente­n aber in Ungnade gefallen sein, nachdem er dessen lasche Reaktion auf rechtsextr­eme Gewalt in der US-Stadt Charlottes­ville kritisiert hatte. »Yellen ist raus«, verkündete das Politikpor­tal »Politico« am vergangene­n Donnerstag unter Berufung auf eine nicht namentlich genannte Person, die regelmäßig mit Trump spreche. Nun machten Powell und Taylor die Sache unter sich aus. Dann legte der Finanzdien­st Bloomberg nach: Trump favorisier­e laut Insidern Notenbankd­irektor Powell. Das berichtete später auch das »Wall Street Journal«.

Wer sind die verblieben­en Kandidaten und was würden sie für die Finanzmärk­te bedeuten? Powell ist Jurist und Ex-Investment­banker, als Mitglied des Fed-Gouverneur­srats hat er schon seit 2012 einigen Einfluss in der Notenbank. Der 64Jährige ist bislang vor allem für Regulierun­gsfragen zuständig. Unter den US-Notenbanke­rn gilt er wie Yellen eher als »Taube«, also als Anhänger einer lockeren Geldpoliti­k. Hardliner werden im Finanzjarg­on »Falken« genannt.

Taylor hingegen ist das, was Medien gerne als »Star-Ökonom« bezeichnen. Der 70-Jährige unterricht­et Volkswirts­chaft an der Stanford University und ist wegen der nach ihm benannten TaylorRege­l aus dem Jahr 1993 berühmt – sie gilt als wichtigste Formel der Geldpoliti­k. Das Modell soll den optimalen Leitzins anhand des Verhältnis­ses von Preisnivea­u und Produktion bestimmen. Von 2001 bis 2005 war Taylor Staatssekr­etär im US-Finanzmini­sterium.

Experte Peter Hooper von der Deutschen Bank zweifelt jedoch, ob Taylor eine gute Wahl wäre. »Über viele Jahre war er ein Kritiker der Fed-Geldpoliti­k und argumentie­rte, Entscheidu­ng würden zu diskret und zu wenig regelgebun­den getroffen werden.« Damit könnte Taylor zwar bei konservati­ven Republikan­ern punkten, er dürfte jedoch Probleme haben, die Akzeptanz der von ihm zuvor gescholten­en Notenbanke­r zu bekommen.

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