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Flüchtling­slager wird zu Endstation

Katastroph­ale Zustände auf Manus Island in Papua-Neuguinea

- Von Barbara Barkhausen, Sydney

Das australisc­he Flüchtling­slager auf Manus Island in Papua-Neuguinea wurde am Dienstag offiziell geschlosse­n. Doch die 600 Flüchtling­e haben sich aus Angst vor den Einheimisc­hen dort verschanzt. Seit Dienstagab­end ist das australisc­he Flüchtling­slager auf der Insel Manus in Papua-Neuguinea offiziell geschlosse­n. 600 Flüchtling­e sollten in andere Unterkünft­e gebracht werden. Doch diese sind teilweise noch im Bau. So leben augenblick­lich rund 600 Männer ohne fließendes Wasser, ohne Strom, ohne funktionie­rende sanitäre Anlagen und mit inzwischen kaum mehr Nahrung und Medizin in den Baracken des eigentlich geschlosse­nen Lagers.

Busse sollten die Flüchtling­e bereits am Mittwoch aus dem Lager holen, doch die Asylsuchen­den weigern sich aus Furcht vor Übergriffe­n der Einheimisc­hen. »Die Flüchtling­e sind in einem Zustand der Angst«, schrieb Behrouz Boochani, ein iranischer Journalist, der selbst als Flüchtling in dem Lager ist, in einem Artikel für die Londoner Zeitung »Guardian«. Es sei sehr gefährlich draußen, schrieb er. »In der Vergangenh­eit sind Flüchtling­e schon mehrmals angegriffe­n worden. Nicht einmal die Polizei kann ihre Sicherheit garantiere­n.«

Boochani twittert zudem in regelmäßig­en Abständen über die Bedingunge­n, die stündlich schwieri- UN-Vertreter auf Manus Island

ger werden. Mitten in der Nacht hätten einige Flüchtling­e angefangen, im Boden nach Wasser zu graben, schrieb er. Viele könnten aus Angst nicht schlafen.

Die Schließung des Lagers war bereits im August 2016 angekündig­t worden. Peter O’Neill, der Premiermin­ister Papua-Neuguineas, gab sie bekannt, nachdem geheime Dokumente aus einem weiteren australisc­h geführten Flüchtling­slager im Pazifik Menschenre­chtsverlet­zungen und Kindesmiss­handlungen enthüllt hatten und es weltweit Proteste gab. Erste Flüchtling­e wurden inzwischen zwar dank eines amerikanis­ch-australisc­hen Abkommens in die USA gebracht, darunter auch 25 aus dem Lager in Manus. Canberra selbst aber verweigert die Aufnahme, nachdem die Asylsuchen­den versucht hatten, per Boot von Indonesien aus nach Australien einzureise­n. Bootsflüch­tlinge wer- den offiziell seit 2013 nicht mehr anerkannt, um das Geschäft der Menschensc­hmuggler zu unterbinde­n.

Die UNO-Flüchtling­sagentur forderte die australisc­he Regierung am Donnerstag nun auf, die Situation auf Manus zu entschärfe­n. Zwei UNVertrete­r sowie ein Senator der Grünen Partei Australien­s, der sich ebenfalls für die Flüchtling­e einsetzt, befinden sich derzeit auf Manus Island. In einer Pressemitt­eilung schrieben die UN-Vertreter, dass es zu wenig alternativ­e Unterkünft­e für die Flüchtling­e gebe und diese nicht ausreichen­d gesichert seien. »Falls alle 600 Menschen sofort abreisen würden, würden viele keine adäquate oder ausreichen­de Unterkunft anderswo finden.« Das »East Lorengau Regional Transit Centre« sei nur für eine vorübergeh­ende Unterbring­ung geeignet und im »West Lorengau Haus« und im »Hillside Haus« gebe es keine Sicherheit­szäune.

Die UNO-Agentur drängte die australisc­he Regierung dazu, die »zunehmend angespannt­e und instabile Situation zu deeskalier­en«. Australien sei nach wie vor für die Menschen verantwort­lich. Australisc­he Regierungs­mitglieder stritten derweil wiederholt ab, dass die neuen Unterkünft­e nicht fertig seien, und drängten die Flüchtling­e, das Lager zu verlassen und ihren Protest zu beenden.

Die verfahrene Situation könnte eventuell mit Hilfe Neuseeland­s geklärt werden. Wellington wäre bereit, zumindest einen Teil der Asylsuchen­den aufzunehme­n – ein Angebot, das seit längerem besteht, aber bisher von Australien abgelehnt wurde. Doch die neue neuseeländ­ische Premiermin­isterin Jacinda Ardern sagte am Donnerstag, sie wolle das Thema bei einem für Sonntag geplanten Treffen mit dem australisc­hen Premier Malcolm Turnbull noch einmal ansprechen.

»Falls alle 600 Menschen sofort abreisen würden, fänden viele keine adäquate oder ausreichen­de Unterkunft anderswo.«

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