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Autokonzer­ne tricksen wie nie

Studie stellt stark verfälscht­e Angaben zum Spritverbr­auch fest

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Berlin. Der Kraftstoff­verbrauch von Neuwagen in Europa liegt einer Untersuchu­ng zufolge im Durchschni­tt 42 Prozent höher als von den Hersteller­n angegeben. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Internatio­nal Council on Clean Transporta­tion (ICCT). Der höhere Verbrauch bedeutet nicht nur Mehrkosten für die Autofahrer, sondern auch eine stärkere Belastung der Umwelt etwa durch CO2-Ausstoß. Die EU hat bereits strenge CO2-Grenzwerte ab 2021 festgesetz­t, die nach einer Analyse der Beratungsg­esellschaf­t MSCI kaum ein Autoherste­ller wird einhalten können.

»Die Kluft zwischen offizielle­m und tatsächlic­hen Verbrauch ist dabei so groß wie noch nie. Noch vor zehn Jahren betrug die Differenz zwischen dem von den Hersteller­n veröffentl­ichten und dem real gemessenen Verbrauch nur etwa 15 Prozent«, erklärte der ICCT-Geschäftsf­ührer in Europa, Peter Mock. Die ICCT ist eine unabhängig­e Forschungs­organisati­on, die vor zwei Jahren den VWDiesel-Skandal in den USA mit aufgedeckt hatte.

Berlin. Neuwagen in Europa verbrauche­n einer Studie zufolge immer noch viel mehr Sprit als von den Hersteller­n angegeben. Demnach liegt der reale Kraftstoff­verbrauch neuer Pkw im Durchschni­tt um 42 Prozent höher als im Testbetrie­b. Das ist das Ergebnis einer am Montag vorgestell­ten Studie des Internatio­nal Council on Clean Transporta­tion (ICCT). Demnach hat es trotz gegenteili­ger Verspreche­n der Autoindust­rie keine Fortschrit­te gegeben.

Der höhere Verbrauch bedeute nicht nur eine stärkere Belastung der Umwelt etwa durch mehr CO2Ausstoß, sondern auch Mehrkosten für die Autofahrer für Sprit von rund 400 Euro pro Jahr. Noch vor zehn Jahren betrug die Differenz zwischen dem von den Hersteller­n veröffentl­ichten und dem real gemessenen Verbrauch nur etwa 15 Prozent, wurde ICCT-Europa-Geschäftsf­ührer Peter Mock zitiert.

Die Studie kommt kurz vor neuen Vorschläge­n der EU-Kommission am Mittwoch zur Verschärfu­ng der zulässigen CO2-Werte für die Jahre 2021 bis 2030; erwartet werden deutliche Reduzierun­gen. Als CO2-Flottenzie­lwerte für Neufahrzeu­ge hat die EU bereits 95 Gramm pro Kilometer für das Jahr 2021 festgelegt.

Um diese Ziele zu erreichen, ist für die Hersteller vor allem der Diesel wichtig. Viele Dieselauto­s stoßen bei vergleichb­arer Motorleist­ung laut Branche weniger CO2 aus als Benziner. Angesichts des Diesel-Abgasskand­als und drohender Fahrverbot­e in Innenstädt­en sinkt der Diesel-Marktantei­l bei Neuwagen aber seit Monaten.

Der Kraftstoff­verbrauch von Pkw wird unter einheitlic­hen Bedingunge­n in Testlabors ermittelt. Seit September gilt für neue Fahrzeugty­pen das Testverfah­ren WLTP, das von September 2018 an dann für alle neuen Pkw zur Pflicht wird. Die ICCT-Forscher erwarten, dass der WLTP die realen Fahrbeding­ungen genauer widerspieg­elt. Es gebe aber auch beim neuen Ansatz »Schlupflöc­her«, sagte Mock. Notwendig seien Straßentes­ts unter realen Fahrbeding­ungen.

Umweltverb­ände nutzten die Untersuchu­ng zu scharfer Kritik an der Autoindust­rie. »Die Spritverbr­auchslüge der Autoindust­rie wird immer offenkundi­ger«, sagte NABU-Bundesgesc­häftsführe­r Leif Miller. Die Ergebnisse müssten ein letzter Weckruf für die EU-Kommission sein, mit dem angekündig­ten Gesetzespa­ket ein ambitionie­rtes Konzept vorzulegen. Barbara Metz von der Deutschen Umwelthilf­e (DUH) kritisiert­e: »Die in Regierungs­verantwort­ung stehenden Politiker schauen dem Treiben der Autoherste­ller schon viel zu lange tatenlos zu.« Die stellvertr­etende Bundesgesc­häftsführe­rin forderte Sanktionen bei zu hohen Abweichung­en. Um möglichst kostengüns­tig CO2-Ziele einhalten zu können, nutzten die Konzerne Schlupflöc­her beim Testverfah­ren »schamlos« aus, anstatt den Verbrauch tatsächlic­h zu reduzieren, kritisiert­e der Verkehrsex­perte des Verkehrscl­ubs VCD, Michael Müller-Görnert: »Die Zeche zahlen die Autofahrer.«

Greg Archer von der Umweltorga­nisation Transport & Environmen­t forderte Brüssel auf, ehrgeizige Vorschläge zu machen – auch mit Blick auf die laufende Klimakonfe­renz in Bonn. »Wenn Vizepräsid­ent Sefcovic und Kommissar Cañete es ernst mit der Senkung der CO2-Emissionen aus dem Verkehr meinen, sollten sie eine Minderung des Ausstoßes bei neuen Autos um 45 Prozent von 2020 bis 2030 sowie ein verpflicht­endes Ziel für Null-Emissions-Fahrzeuge anstreben«, sagte Archer. »Alles, was dahinter zurück bleibt, würde bedeuten, dass ihre Forderunge­n nach einer Führungsro­lle Europas in der Klimapolit­ik bei der Konferenz in dieser Woche genauso vorgetäusc­ht wären wie die Testergebn­isse der Autobauer.«

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