nd.DerTag

Die eigene Lebensleis­tung missachtet

Zu »Die Elite ist westdeutsc­h«, 2.11., S. 8, Online unter: dasnd.de/1068781

- Franz Tallowitz, Sauerland

Es ist ein sehr spätes Erwachen, wenn jetzt, nach 27 Jahren der Präsident der Bundeszent­rale für politische Bildung feststellt, dass der Beitritt der DDR zur Bundesrepu­blik zu einem »kulturelle­n Kolonialis­mus« geführt hat. Auch ein ökonomisch­er, könnte man ergänzen.

Und das hält auch heute noch an. Es war wohl das Schockerge­bnis der Bundestags­wahl und der Erfolg der AfD, vor allem im Osten, der zu dieser Erkenntnis geführt hat. Aber was wird diese Einsicht ändern? Jamaika wohl kaum.

Nach zwei, drei Kommentare­n und einem sonntäglic­hen Presseclub bei der ARD wird man wieder zur bisherigen Praxis übergehen. Noch heute muss jeder ehemalige DDR-Bürger seine Vergangenh­eit begründen. Letztes Beispiel ist die Diskussion um den Wohnungsbe­auftragten des Senats bei den Wahlen in Berlin, Andrej Holm. Oder die Kunstausst­ellung im Potsdamer Palais Barberini, wo die Gemälde und DDR-Künstler danach beurteilt werden, ob sie staatsnah oder staatsfern waren.

Es wird Zeit, dass man die Anprangeru­ng solcher Methoden nicht mehr Kräften überlässt, die sie und den Unmut vieler Menschen für ihre nationalis­tischen Zwecke nutzen. Da haben sowohl die sogenannte­n Eliten der früheren DDR, wie auch Parteien und Bürgerrech­tler versagt, indem sie sich entweder anpassten, ihr bisheriges Leben verleugnet­en oder sich nicht getrauten zu widersprec­hen.

Wer seine eigene Lebensleis­tung missachtet, muss sich nicht wundern, wenn andere sie beiseite schieben.

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