Goldschmuck ist nichts für Bergbaugegner
Cristina Crúz und Rony Aguilar wehren sich gegen den Rohstoffabbau in Guatemala und kämpfen für Alternativen
Herr Aguilar, wie lange werden in Guatemala Rohstoffe mithilfe des offenen Bergbaus abgebaut, und welche Probleme haben sich dadurch für die betroffenen Gemeinden ergeben?
Aguilar: Seit mehr als 15 Jahren wird in unserem Land vor allem Gold, Silber und Titan abgebaut. Der Abbau wird von ausländischen Firmen vollzogen, beispielsweise aus Kanada. Das Problem ist, dass sich unsere Regierung von ihnen korrumpieren lässt. Für die betroffenen Gemeinden fällt sehr wenig aus den Bergbauprojekten ab. Dafür zerstört der Bergbau die Lebensgrundlage ihrer Bewohner. Deswegen arbeite ich seit 18 Jahren mit indigenen Gemeinden zusammen und kläre sie über ihre Rechte auf. Denn indigene Völker genießen besonderen Schutz und können sich gegen Bergbauprojekte wehren. Das Problem ist: Oftmals sind sich die Betroffenen über ihre Rechte gar nicht bewusst und lassen sich von den Bergbaufirmen hinters Licht führen.
Frau Crúz, wie kamen Sie mit Herrn Aguilar in Kontakt, und welche persönliche Erfahrung haben Sie mit dem Bergbau gemacht? Crúz: Vor etwa vier Jahren hat die kanadische Frima Goldcorp in unserer Gemeinde Sipacapa mit der Suche nach Gold angefangen. Dann kam Rony mit seiner Organisation »Diosas de San Marcos« vor zwei Jahren, als das Bergbauprojekt bereits begonnen hatte. Rony bot Hilfe an, wie wir uns gegen den Bergbau wehren könnten. Also informierten wir uns. Durch die Teilnahme an dem Projekt der Landpastorale San Marcos haben wir gelernt, selbst mehr Lebensmittel anzubauen. Vorher haben wir nur Mais und Bohnen kultiviert, heute haben wir auch Tomaten, Gurken und anderes.
Welche Unterstützung ist für Sie besonders wichtig?
Crúz: Die Organisation stellt uns Wasserfilter zur Verfügung, mit welchen wir unsere Felder bewässern können. Aufgrund des Bergbaus ist das Wasser bei uns sehr knapp. Mithilfe der Filter können wir Wasser generieren, indem wir verunreinigtes Wasser aufbereiten. Dieses Wasser können wir dann auf den Feldern einsetzen. Das macht unsere Ernte ertragreicher. Deswegen nehmen in unserer Gemeinde etwa 50 Menschen an dem Projekt der Landpastorale San Marcos teil.
Wie ist es anderen Familien ergangen, die mit der Bergbaufirma kooperierten?
Crúz: Viele haben ihr Stück Land für viel zu wenig Geld verkauft. Der Bergbau hat ihre Böden zerstört. Deswegen haben viele unsere Gemeinde verlassen, um anderswo Arbeit zu finden, denn ihre Böden können sie jetzt nicht mehr bewirtschaften. Was haben diese Familien gemacht, als sie die negativen Konsequenzen des Bergbaus zu spüren bekamen?
Crúz: Zunächst einmal haben sie demonstriert. Aber die Bergbaufirma hat Sicherheitspersonal eingesetzt und ist mit Gewalt gegen die Demonstranten vorgegangen. Mindestens drei Demonstranten starben, das war vor vier Jahren. Warum sie sterben mussten und wer für ihren Tod verantwortlich ist, wurde nie aufgeklärt.
Herr Aguilar, worin liegt das Hauptaugenmerk ihrer Projektarbeit? Aguilar: Zentral ist die Aufklärungsarbeit. Wir haben eine Radiosen- dung, in welcher wir unsere Zuhörer über die Konsequenzen des Bergbaus informieren. Gleichzeitig sprechen wir dort auch über Formen der solidarischen Landwirtschaft und positive Alternativen zum Bergbau.
Worin besteht die Arbeit mit Teilnehmenden aus den Gemeinden? Aguilar: In den Gemeinden informieren wir unsere Projektmitglieder darüber, wie welche Lebensmittel angebaut werden. Wir stellen die Wasserfilter und Samen zur Verfügung. Außerdem sprechen wir über die indigenen Kulturen und ihre besonderen Rechte. Wir klären die Menschen zudem über eine gesunde Ernährung auf und über Hygienemaßnahmen im Haus, Garten und auf den Feldern. So können wir Krankheiten vorbeugen.
Welche Gegebenheiten sind für Sie besonders herausfordernd? Aguilar: In einer Gemeinde mit 72 000 Einwohnern gibt es nur vier Ärzte. Daher bilden wir die Menschen auch darin aus, die heilenden Kräuter aus den umliegenden Wäldern und ihre Wirkung zu kennen. Ziel ist es, dass sich die Menschen bei kleineren Beschwerden selbst zu versorgen wissen.
Sie sprechen sich offen gegen den Bergbau und die Korruption aus. Sind Sie deswegen schon einmal in Schwierigkeiten geraten? Aguilar: Von Bergbauvertretern wurde ich bisher zum Glück noch nicht bedroht. Aber in einer Gemeinde hielt man mich für einen verdeckten Ermittler gegen Menschenhandel. Das war vor drei Jahren. Wir waren gerade dabei, einen soldiarischen Markt in der Gemeinde aufzubauen. Daher sind wir oftmals in den Ort gefahren, und ich hatte mit vielen Menschen Kontakt. An einem Tag fand ich mich dann in einer sehr bedrohlichen Situation wieder.
Was ist passiert?
Aguilar: Ich wurde von zwei Männern festgehalten, die mir drohten, ich solle ihnen nicht weiter nachschnüffeln. Glücklicherweise fehlten nur noch vier Monate bis zum Abschluss des Projekts. Ich erzählte meinem Chef, was passiert war. Er beschloss dann, das Projekt schneller abzuschließen und mich nicht mehr in die Region zu schicken.
Welche persönlichen Konsequenzen haben Sie aus Ihrer Arbeit gezogen?
Aguilar: Ich verzichte auf Goldschmuck. Früher mochte ich diese Kettchen und Ringe aus Gold. Heute trage ich sie nicht mehr. Mir ist bewusst geworden, dass ich nicht gegen Bergbau sein und gleichzeitig Gold tragen kann.
INKOTA-Spendenkonto, KD-Bank
IBAN: DE06 3506 0190 1555 0000 10 BIC: GENODED1DKD
Zweck: Sipacapa soll gedeihen