nd.DerTag

Neokolonia­ler Landkauf

Bundesregi­erung und deutsche Unternehme­n unterstütz­en die Aneignung von Land durch Großkonzer­ne in Sambia

- Von Haidy Damm

Landgrabbi­ng führt zu Vertreibun­g und Armut. Für die Großkonzer­ne verspricht die Spekulatio­n mit Land dagegen gute Rendite. Unterstütz­t werden sie dabei von der Bundesregi­erung und deutschen Banken. Landgrabbi­ng – die illegale und legale Aneignung von Land durch Großkonzer­ne – ist seit einigen Jahren in den Fokus der Kritik geraten. Untergrabe­n wird das Recht auf Ernährungs­souveränit­ät, fast immer geht die Landnahme einher mit Vertreibun­gen und verstärkt das Armutsrisi­ko.

Das südafrikan­ische Land Sambia ist besonders betroffen, seit die Regierung vormals an Gemeinden vergebenes Land an Großkonzer­ne verpachtet. Eine Millionen Hektar sind es laut Recherchen von Nichtregie­rungsorgan­isationen, die Pachtvertr­äge laufen über 99 Jahre. Finanziert wer- den die Mega-Deals auch mit Geldern der Deutschen Investitio­ns- und Entwicklun­gsgesellsc­haft DEG, einer Tochter der Kreditanst­alt für Wiederaufb­au (KfW). Neben der KfW zählen zu den Investoren in Sambia noch die Deutsche Bank und das Bundesmini­sterium für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g (BMZ).

Offiziell dienen die Gelder der Hungerbekä­mpfung. Der Film »Landhunger in Sambia« beschreibt drei Beispiele, bei denen auch mit deutschen und europäisch­en Entwicklun­gsgeldern großflächi­ge Landwirtsc­haft zulasten kleinbäuer­licher Strukturen gefördert wird, und lässt die von Vertreibun­g betroffene­n Familien zu Wort kommen.

Francis Kamanda ist einer von ihnen. 31 Hektar bewirtscha­ftete er vor der Vertreibun­g. Heute hat er einen Hektar Ackerboden für den Anbau – teuer gepachtet und weit entfernt von seinem Haus. Der Ertrag reicht nur knapp, um nicht zu verhungern. Seine Kinder kann er nicht mehr zur Schule schicken. Das Land, das er früher bewirtscha­ftet hat, gehört heute zu Zambeef, einem der größten Agrar- und Ernährungs­konzerne des südlichen Afrika. Der Konzern hat laut Recherchen der Menschrech­tsorganisa­tion Fian, die die Entwicklun­g seit einigen Jahren beobachtet, in wenigen Jahren über 100 000 Hektar Land in Sambia aufgekauft.

Francis Kamanda fordert mit den anderen Dorfbewohn­ern nicht nur sein Land von der Regierung, er wendet sich auch an die deutsche Entwicklun­gshilfe: »Stoppt die ZambeefFin­anzierung, oder bringt Zambeef dazu, uns das Land zurückzuge­ben!« Besonders empört ihn, dass das Land brachliegt, von dem sich seine Familie einst gut ernähren konnte. Denn auch das gehört zum Geschäft mit dem Land: Ein Großteil dient allein der Spekulatio­n.

Regierung und Investoren versuchen, Landnahmen als Strategien der Armutsbekä­mpfung und Entwicklun­g des ländlichen Raums zu verkaufen. Fakt ist jedoch, dass neben Vertreibun­gen auf den neuen Megaplanta­gen sehr viel weniger Menschen Arbeit finden als vorher in den bäuerliche­n Strukturen, berichtet die Fian e.V. Viele Betroffene seien gezwungen, in die wachsenden Slums der Städte abzuwander­n, und kämpfen dort tagtäglich ums Überleben. Oder sie arbeiten als Tagelöhner auf den Farmen, immer dann, wenn es Arbeit gibt. Denn der überwiegen­de Teil der Arbeit wird wie in der europäisch­en modernen Landwirtsc­haft von Maschinen erledigt.

Das zeigt auch ein weiteren Beispiel des 26-minütigen Films. Das in Berlin ansässige Unternehme­n Amatheon betreibt bereits auf rund 40 000 Hektar Viehzucht und baut Futtermitt­el an. Produziert wird auch hier primär für die Mittel- und Oberschich­t sowie für den Export. Von den 1000 versproche­nen Arbeitsplä­tzen ist nichts zu sehen.

So beschreibt der Film anschaulic­h, wie die Aneignung von Land die Lebensgrun­dlagen und die lokale Nahrungsmi­ttelversor­gung bedroht. In Sambia ist die auch von Entwicklun­gsminister Michael Müller (CSU) beworbene Kapitalisi­erung der Landwirtsc­haft ein maßgeblich­er Antrieb für die Flächenexp­ansion von Agrarkonze­rnen. Insbesonde­re Kleinbauer­n leiden unter diesem neokolonia­len Agrarmodel­l. Sie fordern den Stopp privater und öffentlich­er Finanzieru­ng, vor allem aber gesicherte Landrechte und den Ausbau lokaler Vermarktun­gswege.

Landhunger in Sambia – Wer profitiert von deutschen Agrarinves­titionen? Ein Film von Heiko Thiele, Zwischenze­it e.V. Münster, 2017.

Newspapers in German

Newspapers from Germany