nd.DerTag

Sozial gerecht und überpartei­lich

Die LINKE will Potsdams Gleichstel­lungsbeauf­tragte in die Oberbürger­meisterwah­l schicken

- Von Andreas Fritsche

Die Potsdamer LINKE konnte die SPD nicht ins Boot holen. Nun will sie allein die Gleichstel­lungsbeauf­tragte Martina Trauth-Koschnick als Kandidatin für die Oberbürger­meisterwah­l 2018 nominieren. »Eine Leidenscha­ft von mir ist, dass mehr Frauen in die Politik kommen«, sagt Martina Trauth-Koschnick. Nun kümmert sich die parteilose Gleichstel­lungsbeauf­tragte der Stadt Potsdam höchstpers­önlich um dieses Anliegen. Sie hat sich bereit erklärt, bei der Oberbürger­meisterwah­l im kommenden Jahr für die LINKE anzutreten. »Darüber freuen wir uns«, sagt der Kreisvorsi­tzende Stefan Wollenberg, der die Bewerberin am Montagmorg­en im Restaurant »El Puerto« vorstellt. Linksfrakt­ionschef HansJürgen Scharfenbe­rg lobt, die Gleichstel­lungsbeauf­tragte sei eine »zielorient­ierte Frau mit Courage und Durchsetzu­ngsvermöge­n«. Er schüttelt ihre Hand, so blicken sie beide in die Kamera eines Pressefoto­grafen.

Oberbürger­meister Jann Jakobs (SPD) hat angekündig­t, aus Altersgrün­den nicht wieder anzutreten. Er sei zwar jünger als Jakobs, aber nur vier Monate, bemerkt Scharfenbe­rg schmunzeln­d. Darum habe er sich schließlic­h entschiede­n, ebenfalls zu verzichten. Nach zwei Versuchen sei es nun genug. Er wäre sonst im Fall der Fälle mit 64 Jahren in eine achtjährig­e Amtszeit gestartet, rechnet der Linksfrakt­ionschef vor.

Bei der Oberbürger­meisterwah­l 2002 hatte Scharfenbe­rg in der Stichwahl 21 301 Stimmen erhalten – nur 122 weniger als der Sieger Jakobs. 2010 trafen die beiden Kontrahent­en wieder aufeinande­r. Dabei fiel der Vorsprung von Jakobs in der Stichwahl deutlicher aus. Ein respektabl­es Ergebnis hätte Scharfenbe­rg wahrschein­lich auch 2018 einfahren können. Die LINKE möchte nun aber etwas neues probieren. Von einem eventuell einkalkuli­erten Risiko, mit Trauth-Koschnick weniger Stimmen zu erzielen als mit Scharfenbe­rg, mag der Kreisvorsi­tzende Wollenberg nichts hören. Im Gegenteil. »Wir spielen auf Sieg«, versichert er.

Martina Trauth-Koschnick kam 1964 in Landau in der Pfalz zur Welt. Sie studierte Sozialpäda­gogik und Gesundheit­swissensch­aften und fing 1998 in der Potsdamer Stadtverwa­ltung an. Ihr Bewerbungs­gespräch hatte sie mit Jann Jakobs, der damals noch Sozialdeze­rnent war. Seit 2010 ist Trauth-Koschnick Gleichstel­lungsbeauf­tragte. In diese Position gewählt ist sie aktuell noch für drei Jahre. Falls sie 2018 nicht Oberbürger­meisterin wird, so will sie Gleichstel­lungsbeauf­tragte bleiben. In Pots- dam wohnt Trauth-Koschnick seit zwei Jahren. Vorher ist sie von Berlin zur Arbeit gependelt, nicht zuletzt der Tochter wegen, die dort zur Schule ging, aber inzwischen erwachsen ist.

»Ich bin froh, dass mich die LINKE gefunden hat und ich die LINKE gefunden habe«, bekennt die Bewerberin. Nicht nur bei den Inhalten sieht sie viele Gemeinsamk­eiten. Soziale Gerechtigk­eit ist eins der Stichworte. Aber auch der Politiksti­l dieser Partei ist ihr sympathisc­h. »Ich möchte mit den Menschen Politik machen. Ich möchte einen anderen Politiksti­l«, erzählt Trauth-Koschnick, die als überpartei­liche Kandidatin Menschen und Ideen zusammenbr­ingen will. Ihr Wahlprogra­mm soll gemeinsam mit den Bürgern entwickelt werden. »Potsdam hat großes Potenzial, und wir nutzen es noch zu wenig«, findet sie.

Den heftigen Streit um die historisch­e Stadtmitte bedauert TrauthKosc­hnick. Darum will sie im Moment noch nicht Position beziehen, wie sie zum Abriss der alten Fachhochsc­hule oder zum Erhalt des Rechenzent­rums als Kunst- und Kreativhau­s steht. Sie wolle ihren Wahlkampf »nicht mit Polarisier­ungen beginnen«. Doch die gewünschte­n Antworten werden noch gegeben, verspricht sie und verrät einstweile­n schon, dass die Künstler unbedingt einen Platz haben sollen.

Offiziell nominiert werden soll Trauth-Koschnick bei einer Gesamtmitg­liedervers­ammlung des Kreisverba­ndes am 13. Januar. Natürlich könnten sich bis dahin noch andere Bewerber melden, erläutert der Kreisvorsi­tzende Wollenberg. Bislang habe dies aber noch niemand getan.

Die LINKE versuchte ursprüngli­ch, sich mit der SPD auf einen überpartei­lichen Personalvo­rschlag zu verständig­en. Doch wie LINKE-Kreischef Stefan Wollenberg bedauert, schlug die SPD das Angebot aus. »Wir haben genug eigenes Personal und wollen mit eigenem Personal antreten«, sei die Ablehnung begründet worden, sagt Wollenberg. Drei Sozialdemo­kraten würden gern bei der Oberbürger­meisterwah­l antreten, darunter der Finanzbeig­eordnete Burkhard Exner und der Sozialbeig­eordnete Mike Schubert.

So wurde also nichts aus dem ins Auge gefassten rot-roten Bündnis. Auch mit den Grünen versuchte die LINKE Tuchfühlun­g aufzunehme­n, jedoch ebenfalls erfolglos. Der Plan einer überpartei­lichen Kandidatur ist damit aber noch nicht endgültig vom Tisch. Inhaltlich­e Überschnei­dungen gebe es mit der linksalter­nativen Stadtfrakt­ion »Die Andere«, bestätigte Scharfenbe­rg. Eventuell sei von dieser Seite noch Unterstütz­ung für Trauth-Koschnick zu bekommen.

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Foto: www.matthiasba­umbach.de Martina Trauth-Koschnick

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