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Streit um Mindestgrö­ße für Polizeibew­erber

Streit um die Mindestgrö­ße bei Polizeibew­erbern

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Wiederholt haben sich deutsche Gerichte mit den Mindestgrö­ßen bei Polizeibew­erbern befassen müssen, so wie jüngst das Oberverwal­tungsgeric­ht Münster. Inzwischen gibt es dazu auch eine Entscheidu­ng des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) in einem Streitfall aus Griechenla­nd.

Wer als Mann zur Polizei in Nordrhein-Westfalen (NRW) will, musste bislang 1,68 Meter groß sein. Nun hat das Oberverwal­tungsgeric­ht (OVG) Münster mit Urteil vom 21. September 2017 (Az. 6 A 916/16) diese Regelung für rechtswidr­ig erklärt und damit ein Urteil des Verwaltung­sgerichts Gelsenkirc­hen bestätigt.

Zur Begründung verwiesen die Richter auch auf den in der deutschen Verfassung verankerte­n Leistungsg­rundsatz, wonach der Zugang zum Beamtenver­hältnis ausschließ­lich von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung abhängen darf.

Laut einer Untersuchu­ng des Landes, die sich unter anderem auf eine Studie der Deutschen Sporthochs­chule Köln stützt, sei ab einer Größe von 1,63 Metern von einer Polizeidie­nsttauglic­hkeit auszugehen, heißt es in dem Urteil. Insofern sei die Mindestgrö­ße für Bewerberin­nen zum gehobenen Polizeivol­lzugsdiens­t in NRW nicht zu beanstande­n. Die aktuelle Rechtsprec­hung des OVG Münster hat voraussich­tlich weitreiche­nde Folgen – nicht nur für männliche Bewerber.

Für den klagenden 32-jährigen Jan S. geht mit dieser Entscheidu­ng ein Traum in Erfüllung. Denn nun kann er, wenn er die rechtliche­n Eignungste­sts besteht, trotz einer Körpergröß­e von »nur« 1,66 Metern eingestell­t werden, wie ein Sprecher des Landesamts für Ausbildung, Fortbildun­g und Personalan­gelegenhei­ten (LAFP) mitteilte.

Wer in NRW zur Polizei will, musste nach Erlass des Innenminis­teriums bislang als Mann 1,68 Meter und als Frau 1,63 Meter groß sein. Mit den unterschie­dlichen Mindestgrö­ßen wollte das Land eine Benachteil­igung von Frauen verhindern. Denn für eine dauerhaft sachgerech­te Aufgabenbe­wältigung ist laut LAFP für Polizisten eine Körpergröß­e von 1,63 Meter völlig ausreichen­d. Da aber deutlich mehr Männer als Frauen so groß werden, sollte die höhere Mindestgrö­ße für Männer den Nachteil der Frauen ausgleiche­n.

Das OVG Münster entschied: Diese Regelung ist rechtswidr­ig. Unterschie­dliche Mindestgrö­ßen für männliche und weibliche Bewerber könne, wenn überhaupt, der Landtag festschrei­ben. Ein Erlass sei jedenfalls nicht ausreichen­d.

Welche Konsequenz­en das Urteil für die Einstellun­gskriterie­n bei der NRW-Polizei hat, ist noch offen. Da die Mindestgrö­ße für die männlichen Bewerber rechtswidr­ig ist, gibt es in NRW laut Gericht nur noch eine Mindestgrö­ße für Frauen. »Das dürfte mit dem Gleichstel­lungsgrund­satz nicht vereinbar sein«, so die Vorsitzend­e Richterin. In der Folge könnte das Land für beide Geschlecht­er die Mindestgrö­ße von 1,63 Metern ausreichen­d sein lassen. Grundsätzl­iche Einwände gegen eine Mindestgrö­ße für alle Polizeianw­ärter hat das OVG nicht.

Längst nicht überall in Deutschlan­d müssen Polizeianw­ärter eine Mindestgrö­ße haben. Bei der Bundespoli­zei und in Bremen gibt es gar keine Mindestgrö­ße. In Brandenbur­g, Hessen, Baden-Württember­g und Bayern wird eine einheitlic­he Mindestgrö­ße von 1,60 Metern verlangt. Im Saarland gibt es keine Mindestgrö­ße. Hier entscheide­t der Polizeiarz­t im Einzelfall.

Eine Revision ließ das OVG Münster nicht zu. Rechtskräf­tig ist das Urteil aber nicht, weil das Land Nichtzulas­sungsbesch­werde beim Bundesverw­altungsger­icht einlegen kann.

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Foto: dpa/Federico Gambarini Mit 1,66 Metern zu klein für die Polizeiarb­eit? Der Streitfall eines männlichen Bewerbers landete vor Gericht.

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