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EU bittet Konzerne um saubere Autos

Kommission schlägt 30 Prozent CO2-Reduzierun­g bis 2030 vor / Industrie verhindert Quote für E-Fahrzeuge

- Von Kurt Stenger

»Wir brauchen eine CO2-Reduktion von mindestens 60 Prozent bis 2030.« Michael Müller-Görnert, Verkehrscl­ub Deutschlan­d

Wieder einmal hat es die Autolobby geschafft, die Klimaschut­zvorhaben der EU aufzuweich­en. Der CO2-Ausstoß von Neuwagen in der EU soll bis 2030 um 30 Prozent gegenüber dem Jahr 2021 sinken. Dies ist der Kern eines Paketes von sechs Richtlinie­nvorschläg­en und Initiative­n der EUKommissi­on zu »sauberer Mobilität«. »Wir gehen hart gegen Luftversch­mutzung vor, um unser Verspreche­n aus dem Pariser Klimaschut­zabkommen zu erfüllen, unsere gesamten Emissionen bis 2030 um mindestens 40 Prozent zu reduzieren«, erklärte EU-Energiekom­missar Miguel Arias Cañete bei der Vorstellun­g der Pläne am Mittwoch in Brüssel.

Der Verkehrsse­ktor ist für fast ein Viertel der Treibhausg­asemission­en in der EU verantwort­lich und hat die CO2-Mengen bisher kaum reduziert. Deshalb war mit Spannung erwartet worden, welche Vorgaben die Kommission den Hersteller­n von Pkw und Kleinlaste­rn machen will. Um schon früher Wirkung zu erzielen, schlägt Brüssel als Zwischenzi­el vor, bereits bis 2025 die Emissionen um 15 Prozent zu senken. Bei Verstößen treten saftige Geldstrafe­n in Kraft. Den Umstieg auf Elektroaut­os will die Kommission mit 800 Millionen Euro fördern, die für den Ausbau von Ladestatio­nen in ganz Europa bereitsteh­en. Darüber hinaus will die Kommission bis 2030 möglichst 30 Prozent Neuwagen mit alternativ­en Antrieben auf die Straße bringen. Konzerne, die dies schaffen, sollen Bonuspunkt­e beim Erreichen der CO2-Ziele erhalten.

Bisherige EU-Ziele für Neufahrzeu­ge bezogen sich auf den CO2-Ausstoß pro Kilometer – 2021 wird der Grenzwert auf 95 Gramm gesenkt. Die gestaffelt­en Absenkunge­n hatten dazu geführt, dass die Hersteller immer stärker bei den Testverfah­ren tricksten: Zuletzt betrug die Abweichung zum realen CO2-Ausstoß auf der Straße 42 Prozent.

Der europäisch­e Autoindust­rieverband ACEA kritisiert­e nun, Brüssels Vorschlag lasse nicht genug Zeit für technische Änderungen. Zudem sei das Minderungs­ziel für 2030 »über die Maßen fordernd«. Man setzt nun auf Änderungen bei den anstehende­n Beratungen im Ministerra­t.

Gleichwohl hat die Autolobby in den letzten Wochen ganze Ar- beit geleistet. Eine verbindlic­he Quote für Elektroaut­os soll Brüssel nach massivem Druck wieder gestrichen haben. Auch wurden die Emissionsm­inderungsz­iele reduziert. Noch vor wenigen Tagen setzte sich der deutsche Vizekanzle­r Sigmar Gabriel (SPD) in einem Schreiben an die Kommission, das die Zeitung »Politico« jetzt veröffentl­ichte, für die Positionen der Konzerne ein.

Kein Wunder, dass Umweltschü­tzer sauer reagierten. »Die EU-Kommission ist vor den Autoherste­llern eingeknick­t. Dieser lasche Vorschlag wird den Verkehrsse­ktor nicht auf Klimakurs bringen«, kritisiert­e Michael Müller-Görnert vom Verkehrscl­ub VCD. »Statt die Weichen klar in Richtung emissionsf­reie Mobilität zu stellen, gefährdet die Kommission die europäisch­en Klimaziele für 2030 und 2050. Aus Klimasicht brauchen wir eine CO2-Reduktion bei Neuwagen von mindestens 60 Prozent bis 2030.«

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