nd.DerTag

Zynischer Sachversta­nd

- Simon Poelchau über die Wirtschaft­sweisen

Manche wirtschaft­spolitisch­en Weisheiten hofft man eigentlich nach seinem Ökonomie-Studium nie wieder hören zu müssen. Zum Beispiel, dass die Märkte immer alles zum besten aller regeln oder dass ein bisschen Ungleichhe­it bei der Vermögensv­erteilung die Menschen erst anspornt. Doch leider warten die so genannten Wirtschaft­sweisen alljährlic­h in ihrem Jahresguta­chten mit Vorschläge­n auf, die wenig mit Sachversta­nd, dafür mehr mit einer überkommen­en neoliberal­en Lehrmeinun­g zu tun haben.

Auch dieses Jahr schlagen die Wirtschaft­sweisen Dinge vor, die eigentlich nur die FDP und Arbeitgebe­rverbände gutheißen können: Der Soli soll abgeschaff­t, Einkommens­teuer sowie die Beiträge zur Arbeitslos­enversiche­rung sollen gesenkt werden, um nur die lautesten Forderunge­n zu nennen. Und das alles schreiben die Wirtschaft­sberater der Bundesregi­erung mit der Meinung, dass die derzeitige Diskussion über die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich überzogen sei und beendet gehöre. Angesichts der Paradise Papers und aktueller Meldungen, dass jeder fünfte Mensch hierzuland­e de facto in Armut leben muss, kann man solche Aussagen führender deutscher Wirtschaft­swissensch­aftler nur zynisch nennen.

Der Markt regelt eben nicht alles zum besten aller, und ungleiche Verteilung von Reichtum hat vor allem eine Folge: Armut.

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