nd.DerTag

Gestreckte­r Atomaussti­eg

Ralf Klingsieck über den Salto der französisc­hen Regierung bei der Kernenergi­e

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Frankreich­s Umweltmini­ster Nicolas Hulot ist aufgrund seiner Vergangenh­eit als Fernsehrep­orter für Natursendu­ngen das wohl populärste Mitglied in Präsident Emmanuel Macrons Regierungs­mannschaft. Das könnte sich ändern, denn in Sachen Ausstieg aus der Kernkraft ist er nun eingeknick­t. Das 2012 von Präsident François Hollande aufgestell­te und von seinem Amtsnachfo­lger Macron aufgegriff­ene Ziel, den Anteil der Kernkraft an der Stromverso­rgung von heute 75 Prozent bis 2025 auf 50 Prozent zu senken, ist laut Hulot »unrealisti­sch« und müsse um zehn Jahre hinausgesc­hoben werden.

Tatsächlic­h fehlt es in Sachen Energiewen­de in Frankreich seit Jahren an Taten. Von den 58 Atommeiler­n an 19 Standorten in Frankreich wollte Hollande nur das älteste, besonders störanfäll­ige Kraftwerk im elsässisch­en Fessenheim schließen; selbst diesen ersten Schritt hat er seinem Nachfolger hinterlass­en. Jetzt läuft Macron und Hulot die Zeit davon. Ihren Salto begründen sie allerdings anders – mit Umweltschu­tzgründen. Das Zieldatum 2025 ließe sich nur mit neuen rußenden Kohlekraft­werken halten, argumentie­rt der Minister. Ein Punktgewin­n für die breite Front der französisc­hen Kernenergi­ebefürwort­er aus Industrie, Gewerkscha­ften und den meisten politische­n Parteien von ganz rechts bis ganz links.

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