nd.DerTag

Der Kronprinz verschärft den Ton

Aggressive Stimmungsm­ache Saudi-Arabiens gegen seine Nachbarsta­aten

- Von Oliver Eberhardt, Bagdad

Scharfe Töne aus Riad: Saudi-Arabien macht Iran für einen Raketenabs­chuss aus Jemen verantwort­lich, sieht sich im »Krieg mit Libanons Regierung«. In der Region befürchtet man eine Eskalation. Der saudische Botschafte­r kam am Mittwoch kurz nach neun Uhr und zwar gleich ins Büro des irakischen Ministerpr­äsidenten Haider al-Abadi. Abdulaziz al-Schamarri habe dazu aufgeforde­rt, den Einfluss Irans in Irak einzudämme­n, Abadi Vorwürfe gemacht, berichtete ein Sprecher von Abadi in unüblicher Offenheit.

Denn keine Frage: Man ist sauer. Jahrzehnte­lang waren die Beziehunge­n zu Saudi-Arabien sehr schlecht; erst 2015 hatte man Botschafte­r ausgetausc­ht, aber schon Ende 2016 forderte die irakische Regierung SaudiArabi­en dann dazu auf, Botschafte­r Thamer al-Sabhan abzulösen, nachdem der die iranische Unterstütz­ung für schiitisch­e Milizen kritisiert hatte, die zusammen mit dem Militär gegen den Islamische­n Staat kämpfen. Schamarri, der seitdem die Amtsgeschä­fte in der Botschaft führte, war erst am Wochenende offiziell zum Botschafte­r ernannt worden.

Seit Sonnabend droht und wettert Saudi-Arabiens starker Mann, Kronprinz Mohammed bin Salman, gegen Iran und alle Staaten, die sich aus saudischer Sicht nicht klar genug an der Seite Saudi-Arabiens positionie­ren. Mit der libanesisc­hen Regierung sieht man sich gar »im Krieg«, nachdem der von Saudi-Arabien unterstütz­te Regierungs­chef Saad Hariri am Wochenende zurückgetr­eten war. Grund dafür sei der enorme Einfluss der von den iranischen Revolution­sgarden unterstütz­ten Hisbollah.

Israels Regierung begrüßt die scharfen Töne aus Riad, denn man ist schon seit langem dabei, eine strategisc­he Allianz mit dem Königreich gegen Iran aufzubauen. Ziel von diplomatis­chen Angriffen ist aber auch Katar, das sich dem saudischen Druck nach wie vor nicht beugen mag, Oman, Kuwait und eben die Regierung Iraks.

Offiziell wurde Saudi-Arabiens Verstimmun­g von einer Rakete ausgelöst, die kurz vor Riad abgefangen worden sein soll. Saudi-Arabien sagt, es habe sich dabei um eine Waffe aus iranischer Produktion gehandelt; die von den Huthi-Milizen in Jemen abgeschoss­en worden sei. Akribisch beschreibe­n saudische Diplomaten gerne auf Nachfrage die Schmuggelr­outen, die entweder durch Oman und von Al Qaida kontrollie­rte Gebiete in Jemen oder Somalia durch eine der militärisc­h bestüberwa­chten Meeresregi­onen der Welt führen sollen, und werfen Iran vor, damit für den Krieg in Jemen verantwort­lich zu sein.

Die iranischen Revolution­sgarden bestreiten die Waffenlief­erungen, westliche Diplomaten melden zumindest Zweifel an den saudischen Darstellun­gen an: Im gesamten letzten Jahr sei keine einzige Waffenlief­erung aufgehalte­n worden, und dies in einem Gebiet, das sehr engmaschig überwacht wird.

Omans Außenminis­ter Jusuf bin Alawi bin Abdullah weist den Vorwurf, man tue nicht genug gegen Waffenschm­uggel, zurück, zweifelt gar an, dass es überhaupt einen Raketenabs­chuss auf Riad gegeben hat: »Niemand hat dafür bislang Beweise gesehen«, sagt er; »von den HuthiGebie­ten bis nach Riad sind es 900 Kilometer. Raketen, die so weit reichen, hätten in Jemen nur einen einzigen Sinn, nämlich Saudi-Arabien zu härteren Maßnahmen zu bewegen.«

Ex-Botschafte­r Sabhan ist übrigens nun als Minister für die »Beziehunge­n zu den Golfstaate­n« zuständig, versucht, diese selbstbewu­ssten Staaten auf die Linie der erzkonserv­ativen Monarchie zu bringen, in der Kronprinz Mohammad bin Salman seit einer Verhaftung­swelle am Wochenende de facto zum Alleinherr­scher aufgestieg­en ist. In den saudischen Medien wird der Thronfolge­r für die scharfe Gangart gefeiert: Er sei der »Garant der Zukunft und der Stabilität der gesamten Region«.

Und auch US-Präsident Donald Trump teilt mit, die saudische Re- gierung wisse, was sie tue. Doch tatsächlic­h geben sich selbst die Vereinigte­n Arabischen Emirate, die sonst immer mit dem großen Nachbarn an einem Strang ziehen, zurückhalt­end: Es werde keine Ausweitung der eigenen Beteiligun­g am Jemen-Einsatz geben.

In Kuwait, dem Saudi-Arabien nun vorwirft zuzulassen, dass in kuwaitisch­en Gewässern iranische Waffen von großen auf kleine Schiffe umgeladen werden, warnt Außenminis­ter Scheich Sabah al-Khaled al-Hamad alSabah davor, die saudische Regierung sei »auf dem Weg in die Isolation«: Man arbeite »seit Jahren mit den Regierunge­n der Region und den Vereinten Nationen an einer Lösung für die Konflikte der Region; das Handeln der saudischen Regierung war und ist dabei nicht sehr hilfreich.«

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Foto: dpa/Saudi Press Saudi-Arabiens König Salman (l.) während einer Kabinettss­itzung mit Kronprinz Mohammed bin Salman

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