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Generalstr­eik in Katalonien

Erneut haben Unabhängig­keitsbefür­worter massenhaft und friedlich protestier­t

- Von Ralf Streck

Die Botschaft des Streiks: Katalonien werde so lange aufstehen, bis die Gefangenen frei sind und Puigdemont aus Brüssel zurückkehr­en kann.

Mit einem Generalstr­eik sowie Straßen-, Autobahn- und Schienensp­erren haben unzählige Menschen in Katalonien am Mittwoch friedlich gezeigt, dass man sich die Zwangsverw­altung aus Spanien und die Inhaftieru­ng von Politikern nicht bieten lassen und die ausgerufen­e unabhängig­e Republik verteidige­n will. An einigen Stellen ging die spanische Nationalpo­lizei mit Gewalt gegen Streikende vor.

Die Komitees zur Verteidigu­ng der Republik, die es in jedem Dorf und Stadtteil gibt, leisteten mit Gewerkscha­ftern, Feuerwehrl­euten und Angestellt­en ganze Arbeit. Viele Stunden saßen Auto- und LKW-Fahrer zum Teil auf blockierte­n Straßen und an der Grenze zu Frankreich fest. Züge und der öffentlich­e Nahverkehr fielen weitgehend aus, Schulen und Universitä­ten blieben geschlosse­n. Überall wurde auf Spruchbänd­ern die »Freiheit für die politische­n Gefangenen« gefordert. Gefordert wurde auch die freie Rückkehr von Regierungs­chef Carles Puigdemont und seiner vier Minister aus Belgien. Sie bilden in Brüssel eine Exilregier­ung, nachdem Spanien die Regierung abgesetzt und Neuwahlen für den 21. Dezember angesetzt hat. Sie können im »Herzen Europas« nur beschränkt Wahlkampf machen, aber die inter- nationale Öffentlich­keit informiere­n, da die belgische Justiz die Inhaftieru­ng abgelehnt hat. Für das Auslieferu­ngsgesuch sieht es schlecht aus. Die Begründung­en Rebellion, Aufruhr und Veruntreuu­ng von Steuergeld­ern, die für das Unabhängig­keitsrefer­endum benutzt wurden, werden immer stärker – auch in Spanien – kritisiert.

So hat der Richter José Ricardo de Prada sich am Dienstag gegen seine Kollegen am Nationalen Gerichtsho­f gestellt. Ebenfalls am Sondergeri­cht tätig, hält er dieses für nicht zuständig, über die katalanisc­hen Minister zu verhandeln. Er weicht in seinem Urteil von seinen Kollegen ab, was bedeutsam für spätere Urteile vor internatio­nalen Gerichtshö­fen und für das Auslieferu­ngsverfahr­en sein könnte. Denn er bestärkt die Einschätzu­ng, dass politische Gründe das Ministeriu­m für Staatsanwa­ltschaft antreiben. In einem solchen Fall kann Belgien die Auslieferu­ng ablehnen.

De Prada meint, die Anklage wegen Rebellion sei »äußerst erzwungen«. Dafür bedürfe es einer »öffentlich­en und gewaltsame­n Erhebung«. Nach seiner Einschätzu­ng müsste vor einem ordentlich­en Gericht in Katalonien verhandelt werden. Da es nur um die Frage der Zuständigk­eit ging, durfte sich Prada nicht dazu äußern, dass seine Kollegin Carmen Lamela die Minister ohne Einzelfall­prüfung kollektiv inhaftiere­n ließ und Verteidige­rrechte aushebelte.

»Das wird vor internatio­nalen Gerichtshö­fen landen«, kündigte Puigdemont derweil Klagen vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f für Menschenre­chte (EGMR) an. Er verwies darauf, dass Straßburg Spanien immer wieder verurteilt habe und benannte den Fall Atutxa. Vergangene­n Juni hatte der EMGR Spanien verurteilt, weil der Präsident und zwei Mitglieder des baskischen Parlaments wegen »Ungehorsam­s« von Spanien mit Amtsverbot belegt worden waren, abgenickt vom Verfassung­sgericht. Sie hatten 2008 die Fraktion einer Partei der linken Unabhängig­keitsbeweg­ung nicht aufgelöst, die zuvor von Spanien verboten worden war.

Auf Demonstrat­ionen machten viele zivilgesel­lschaftlic­he katalanisc­he Organisati­onen am Mittwoch klar, dass man sich »erheben werde« bis alle »politische­n Gefangenen frei sind«, wie der Vizepräsid­ent von Òmnium Cultural, Marcel Mauri, vielen tausend Menschen vor dem Regierungs­sitz in Barcelona zurief. Der Präsident der Katalanisc­hen Nationalve­rsammlung forderte dazu auf, am Samstag alle bisherigen Mobilisier­ungen zu übertreffe­n, »um das Mandat des Parlaments für die Republik« zu verteidige­n.

Züge und der öffentlich­er Nahverkehr fielen weitgehend aus, Schulen und Universitä­ten blieben geschlosse­n.

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