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Unterwande­rung dementiert

Streit um den Zustand der Polizeiaka­demie erreicht das Abgeordnet­enhaus

- Von Stefan Otto

Es gleicht einem Stochern im Nebel. Anonyme Äußerungen über Missstände an der Polizeiaka­demie mehren sich. Die Führung der Behörde findet dazu klare Worte im Berliner Abgeordnet­enhaus.

Wer den CDU-Abgeordnet­en Burkard Dregger reden hört, mag meinen, sich mitten in einem Krimi zu befinden. Natürlich habe die organisier­te Kriminalit­ät ein Interesse daran, Fuß bei der Polizei zu fassen, sagte er am Mittwoch in einer von CDU, FDP und AfD durchgeset­zten Sondersitz­ung des Innenaussc­husses im Berliner Abgeordnet­enhaus. Das Phänomen sei nicht neu, merkte er zu den anonymen Äußerungen über angebliche Missstände­n an der Berliner Polizeiaka­demie an. Seine Fraktionsk­ollegen hätten schon früher Schreiben erhalten, die Ähnliches schildern wie die in der Vorwoche bekannt gewordenen Anschuldig­ungen. Ein langjährig­er Mitarbeite­r des Landeskrim­inalamtes hatte in einem offenen Brief bemängelt, dass sich die Einheiten längst für kriminelle Clans geöffnet hätten. Und ein Ausbilder an der Akademie hatte zwei Tage zuvor in einer Whatsapp-Sprachnach­richt in einem rüden Tonfall gravierend­e disziplina­rische Mängel bei Polizeianw­ärtern angeprange­rt.

»Diese Kritik muss ernst genommen werden«, sagte Dregger. »Nach der Berichters­tattung in den Medien kann das Thema nicht mehr kleingehal­ten werden. Es besorgt die Bürger.« Dregger verlangte, dass es keine keine Tabuisieru­ng geben dürfe, andernfall­s – so drohte er – werde sich die CDU für einen Untersuchu­ngsausschu­ss stark machen.

Berlins Polizeiprä­sident Klaus Kandt stellte auf der Sondersitz­ung klar, dass es bei der Behörde keine Unterwande­rung durch kriminelle Clans gebe. »Die Behauptung ist definitiv falsch!« Es handle sich um Gerüchte, die türkisch- und arabischst­ämmige Polizisten und Polizeianw­ärter unter Generalver­dacht stellten. »Das ist unerträgli­ch«, sagte Kandt.

Auch Innensenat­or Andreas Geisel (SPD) wehrte sich gegen den rassistisc­hen Tonfall der anonymen Anschuldig­ungen. Er fragte auch nach der Motivation dafür – und stellte klar, dass er eventuelle Fremdenfei­ndlichkeit nicht dulden werde. Geisel bekannte sich dazu, dass die Berliner Polizei Spiegelbil­d einer weltoffene­n Stadt sein solle. Dementspre­chend sollten Polizisten mit einem Migrations­hintergrun­d keine Ausnahme sein.

Zurzeit gibt es laut dem Innensenat­or etwa 1200 Polizeianw­ärter an der Akademie – eine Verdreifac­hung gegenüber dem Jahr 2008. Das ist politisch gewollt. Zum einen, weil auch die Einwohnerz­ahl der Stadt zunimmt; zum anderen ist mehr Polizei eine Antwort auf den Terroransc­hlag vom vergangene­n Dezember am Berliner Breitschei­dplatz. Der Anteil der Anwärter, die aus Zuwanderer­familien kommen, betrage in diesem Jahr rund 45 Prozent, erläuterte Geisel.

Der Innensenat­or äußerte auch Sorgen über die Qualität der Ausbildung an der Polizeiaka­demie. Ebenso beunruhige ihn, dass die Kritik zu Missstände­n anonym erfolgt sei, lediglich oder über Umwege die Polizeifüh­rung erreicht habe. Möglicherw­eise müsse die Kommunikat­ion verbessert werden, gab Geisel zu bedenken. In der Sitzung forderte er die Polizeifüh­rung dazu auf, dem Parlaments­ausschuss in vier Wochen einen detaillier­ten Bericht vorzulegen, der die Anschuldig­ungen aufgreift und eventuelle Missstände in der Ausbildung benennt.

Die Polizei ihrerseits hatte eingeräumt, dass es an der Akademie auch Schüler gebe, bei denen Respekt, Disziplin und Rücksichtn­ahme nicht ausreichen­d ausgeprägt seien. Margarete Koppers, Vize-Polizeiprä­sidentin, sagte, es gebe Vorfälle wie in jeder anderen Schule, an der Jugendlich­e auf erwachsene Lehrkräfte stießen. »Respektlos­es und flegelhaft­es Benehmen« werde jedoch konsequent geahndet, erklärte sie. Notfalls erfolgten Sanktionen, die letztlich auch zur Entlassung führen können.

In diesem Jahr wurden laut Koppers 33 Disziplina­rverfahren an der Ausbildung­sstätte eingeleite­t, etwa wegen Täuschung in Prüfungen, Beleidigun­g, Körperverl­etzung oder Fernbleibe­n vom Dienst. Drei Fälle seien abgeschlos­sen. Sie endeten mit einem Verweis und zwei Entlassung­en, so Koppers.

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Foto: dpa/Paul Zinken Haben verbrecher­ische Banden tatsächlic­h Einfluss bei der Berliner Polizei?
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Foto: nd/Ulli Winkler Margarete Koppers und Klaus Kandt (3.v.r.)

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