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Ein qualmender Berg stoppt Balis Boom

Der Vulkan Agung sorgte dafür, dass die Besucherza­hlen um 40 Prozent zurückging­en

- Von Mathias Peer, Denpasar

Indonesien hat 17 000 Inseln, aber im Tourismusg­eschäft zählt nur eine: Bali. Der Vulkan Agung bremst das Erfolgsmod­ell nun aus. Die Urlaubsind­ustrie kämpft mit Schäden in dreistelli­ger Millionenh­öhe. Weil der Vulkan bedrohlich brodelt, ist die Arbeit von Komang Carma deutlich ruhiger als sonst. Der junge Mann sitzt auf der indonesisc­hen Ferieninse­l Bali am Eingang einer berühmten hinduistis­chen Tempelanla­ge. Sein Job ist es, die freiwillig­en Spenden der Besucher in einem Buch zu notieren. Noch vor anderthalb Monaten füllte er jeden Tag gut ein Dutzend eng beschriebe­ne Seiten. Inzwischen wird bis zum späten Nachmittag nicht einmal eine einzige voll. »Früher kamen ganze Busladunge­n«, sagt er. Doch seit in den Nachrichte­n davon die Rede ist, dass der benachbart­e Vulkan Agung jederzeit ausbrechen könnte, würden sich nur noch vereinzelt Touristen zum Tempel im Nordosten der Insel trauen. »Es ist hier sicher. Die Menschen haben trotzdem Angst.«

Die kleinen Läden rund um die Touristena­ttraktion, die sonst Snacks und Getränke an Urlauber verkaufen, sind wie ausgestorb­en. Nicht nur hier, wenige Kilometer neben dem Vulkan, laufen die Geschäfte schlecht. Auch im Süden, dem touristisc­hen Zentrum Balis, sind aus Furcht vor dem Vulkan die Gästezahle­n eingebroch­en. Dass die Warnstufe nun von vier auf drei zurückgest­uft wurde, dürfte etwas Erleichter­ung bringen. Ein Ausbruch ist aber nach wie vor möglich. Indonesien­s Tourismusi­ndustrie muss sich mit einer unbequemen Erkenntnis auseinande­rsetzen: Ein qualmender Berg reicht aus, um sie massiv zu stören.

Eigentlich hätte Indonesien für Urlauber reichlich Ausweichmö­glichkeite­n. Das südostasia­tische Land er- streckt sich über 5000 Kilometer vom Indischen Ozean bis zum Südpazifik. Indonesien hat so viele Inseln, dass nicht einmal die Regierung genau weiß, wie viele. Offiziell registrier­t sind mehr als 13 000, wahrschein­lich sind es aber eher 17 000. Selbst wenn man jede nur für einen Tag besuchen würde, bräuchte man dafür fast ein halbes Jahrhunder­t. Doch von den rund zwölf Millionen ausländisc­hen Besuchern, die 2016 nach Indonesien kamen, hatte mehr als jeder dritte eine einzige Insel als Ziel: Bali.

Bali steht für mehr als die Hälfte der Tourismusu­msätze Indonesien­s. Wenn die Geschäfte nicht laufen, ist das für das ganze Land ein Problem. In den Wochen, als Vulkan Agung am aktivsten war, gingen die Gästezahle­n um 40 Prozent zurück. Von einem Schaden von 150 Millionen Dollar ist die Rede. Balis Gouverneur Made Mangku Pastika trägt deshalb mantraarti­g seine Kernbotsch­aft an die Öffentlich­keit: Bali sei nicht gefährlich. »Ich garantiere, dass es kein einziges Opfer geben wird«, versprach er auch, als die höchste Gefahrenst­ufe galt.

Auch die fehlenden Urlauber haben einen Anteil daran, dass sich Bali trotz Vulkansorg­en derzeit ein wenig gemütliche­r anfühlt als sonst. Denn der immense Erfolg der Insel als Touristenm­agnet hat auch negative Seiten: Strände voller Müll, Überbebauu­ng und ständiges Verkehrsch­aos. Auch deshalb versucht Indonesien­s Regierung, ihr touristisc­hes Angebot zu diversifiz­ieren, und will unter dem Schlagwort »New Bali« zehn weitere Regionen zum Kassenschl­ager im Urlaubsges­chäft ausbauen.

Noch sind sie weit davon entfernt, Bali den Rang abzulaufen. Das zeigt Lombok: Die Nachbarins­el ist etwa so groß wie Bali und verfügt über mindestens ebenso schöne Strände. Die Zahl der Hotelzimme­r liegt gerade einmal bei einem Zehntel.

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Foto: imago/imagebroke­r Der Agung ärgert die Tourismusb­ranche auf Bali.

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