nd.DerTag

Die Wirklichke­it ist düster

Martin Ling über den »Kompass 2030« zur Entwicklun­gspolitik

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Mal wieder wurde eine große Chance für eine zentrale Weichenste­llung verpasst. So lautet das entwicklun­gspolitisc­he Jahresfazi­t des »Kompass 2030« zur »Wirklichke­it der Entwicklun­gspolitik«, den die Kinderhilf­sorganisat­ion »terre des hommes« und die Welthunger­hilfe gerade zum 25. Mal präsentier­ten. Die Schlussfol­gerung bezieht sich auf den deutschen G20-Vorsitz 2017. Verpasst wurde, »dem in Wachstumsg­lauben verhaftete­n Club eine Wende zu einer gerechtere­n und menschenre­chtsbasier­ten Gestaltung der Globalisie­rung abzuringen – auf der Grundlage eines sozial-ökologisch nachhaltig­en Wirtschaft­smodells.«

Mit dieser Bewertung wird im Umkehrschl­uss auch die objektive Herausford­erung benannt, vor der die Entwicklun­gspolitik im Rahmen einer kohärenten Gesamtpoli­tik steht und der sie auch in Deutschlan­d nicht gerecht wird. Das globale Wirtschaft­smodell ist weder sozial-ökologisch noch nachhaltig. Im Globalen Süden ist das noch viel deutlicher wahrnehmba­r als im Globalen Norden, wo die Rechnung in die Zukunft verschoben wird.

Unter Entwicklun­gsminister Gerd Müller hat die noch amtsführen­de Große Koalition viel Richtiges gesagt und wenig Richtiges getan. Die Bekämpfung der Fluchtursa­chen in den Herkunftsl­ändern immer wieder zu betonen und gleichzeit­ig die Praktiken unfairen Handels wie Exportdump­ing fortzusetz­en und Freihandel­sabkommen mit nicht wettbewerb­sfähigen Regionen des Globalen Südens zu forcieren, das ist das Gegenteil von zukunftsfä­higer Politik: Es schafft zusätzlich­e Fluchtgrün­de. Und wenn dann noch Konfliktlä­nder wie Saudi-Arabien aufgerüste­t und dadurch Fluchtbewe­gungen weiter angeheizt werden, wie vom »Kompass 2030« moniert, wird Entwicklun­gspolitik endgültig zum Muster ohne Wert.

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