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Akademisch­er Senat kassiert Initiative zur Personalpo­litik

Gremium der Humboldt-Universitä­t lehnt umstritten­en Antrag zur Beschäftig­ung studentisc­her Hilfskräft­e in nicht-wissenscha­ftlichen Jobs ab

- Von Jérôme Lombard

Seit Jahren arbeiten Studierend­e an der Humboldt-Universitä­t (HU) in nicht-wissenscha­ftlichen Bereichen. Laut Hochschulg­esetz eine illegale Praxis. Eine Initiative zur Legalisier­ung wurde jetzt abgelehnt. Nach massiver Kritik von Studierend­en hat der Akademisch­e Senat der Humboldt-Universitä­t einen umstritten­en Antrag zur Flexibilis­ierung der Personalpo­litik von der Tagesordnu­ng gestrichen und auf eine Abstimmung verzichtet. Auf der Sitzung des Hochschulg­remiums am Dienstag im Erwin-Schrödinge­r-Zentrum auf dem Campus Adlershof wollte das Präsidium der Hochschule eigentlich eine Vorlage zur sogenannte­n »Erprobungs­klausel« beschließe­n lassen.

Der Antrag von Universitä­tspräsiden­tin Sabine Kunst sah vor, die Beschäftig­ung von studentisc­hen Hilfskräft­en für nicht-wissenscha­ftliche Tätigkeite­n wie zum Beispiel in der Verwaltung oder dem technische­n Betriebsdi­enst zu ermögliche­n. Die Initiative zielte auf eine nachträgli­che Legalisier­ung dieser Praxis ab. Denn dass Studierend­e auch in nichtwisse­nschaftlic­hen Bereichen arbeiten, ist an der Humboldt-Universitä­t und an anderen Hochschule­n in Berlin seit Jahren gang und gäbe. Allerdings fehlte dafür bisher die rechtliche Grundlage.

Laut Berliner Hochschulg­esetz ist es Studierend­en zum Schutz vor Lohndumpin­g und einer ungerechte­n Konkurrenz­situation zu den Beschäftig­ten des öffentlich­en Dienstes untersagt, nicht-wissenscha­ftlich an der Hochschule beschäftig­t zu sein.

Mittels der »Erprobungs­klausel« ist es den Hochschule­n allerdings möglich, von den gesetzlich­en Normen abzuweiche­n und ihre Angelegenh­eiten in eigener Verantwort­ung zu regeln. Diesen Spielraum wollte Präsidenti­n Kunst nutzen.

»Es handelt sich hierbei nicht um die Ausweitung einer gängigen Praxis, sondern die Erprobung neuer Modelle«, sagte Kunst während der Sitzung des Akademisch­en Senats. Studierend­envertrete­r widersprac­hen dieser Einschätzu­ng. Sie waren gegen die Initiative des HU-Präsidiums Sturm gelaufen. Dass der Akademisch­e Senat gar nicht erst über die Beschlussv­orlage abstimmen wollte, begrüßten die Studierend­en. »Mit der Einstellun­g von Studentisc­hen Hilfskräft­en im nicht-wissenscha­ftlichen Bereich findet eine Flexibilis­ierung der Personalpo­litik statt«, sagte Studierend­envertrete­r Jan-Martin Zimmermann.

Durch befristete Verträge und abgabenfre­ie 450-Euro-Verträge im Verwaltung­sbereich werde bewusst Lohndumpin­g betrieben. »Das ist ei- ne Strategie, die ich sonst vor allem von Leiharbeit­sfirmen kenne«, sagte Zimmermann.

Franziska Baum, Mitarbeite­rin des Personalra­ts der studentisc­hen Beschäftig­ten an der HU, sagte, dass die Leitung der Universitä­t mit ihrer Initiative eine illegale Praxis durch die Hintertür legalisier­en wolle. »Mit dem Versuch der nachträgli­chen Legalisier­ung gesteht das Präsidium die bisherige Unrechtmäß­igkeit ihrer eigenen Beschäftig­ungspraxis ein«, sagte Baum. Das sei nicht nur politisch inakzeptab­el, sondern sei auch gegenüber den eigenen Verwaltung­sstellen unfair.

Besonders skandalös finden es die Studierend­en, dass die Universitä­tsleitung mit der Beschlussv­orlage offenbar in die aktuellen Tarifverha­ndlungen für studentisc­he Beschäftig­te intervenie­ren wollte. Tatsächlic­h ist die Ausweitung des Tätigkeits­bereichs studentisc­her Hilfskräft­e eine der zentralen Forderunge­n des Kommunalen Arbeitgebe­rverbandes, der die Tarifverha­ndlungen mit den Gewerkscha­ften GEW und ver.di führt. Hätte der Akademisch­e Senat den Antrag des Präsidiums angenommen, wäre das einer einseitige­n Umsetzung der Vorstellun­gen der Arbeitgebe­rseite gleichgeko­mmen, kritisiert­en die Studierend­en.

Die Landeskonf­erenz der Allgemeine­n Studierend­en-Ausschüsse Berlin forderte unterdesse­n die Abschaffun­g der »Erprobungs­klausel«. »Es braucht eine kritische Auseinande­rsetzung mit den Auswirkung­en der Erprobungs­klausel«, sagte Malte Arms vom Allgemeine­n Studierend­en-Ausschuss der Beuth-Hochschule. Es ginge dabei auch um eine Abkehr von dem Modell der »unternehme­rischen Hochschule«, wie sie derzeit praktizier­t werde.

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Foto: nd/Ulli Winkler Wohin steuert die Personalpo­litik der Humboldt-Universitä­t?

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