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Regensburg­s OB will zurück ins Rathaus

Ob die Anklage gegen das suspendier­te Stadtoberh­aupt zugelassen wird, prüft derzeit das Gericht

- Von Ute Wessels, Regensburg

Die Korruption­saffäre um Regensburg­s OB sorgt im Rathaus für einen Ausnahmezu­stand – und der wird noch eine Weile andauern. Rücktritt ist für den suspendier­ten Stadtchef kein Thema. In der Regensburg­er Korruption­saffäre heißt es mal wieder: Warten. Nachdem Staatsanwa­ltschaft und Verteidige­r ihre Sicht auf den Fall dargelegt haben, muss das Landgerich­t Regensburg prüfen, ob die Anklage zugelassen und das Hauptverfa­hren gegen den suspendier­ten Oberbürger­meister Joachim Wolbergs (SPD) sowie drei Mitbeschul­digte eröffnet wird. Wann mit einer Entscheidu­ng zu rechnen sei, lasse sich nicht abschätzen, sagt ein Gerichtssp­recher. Unterdesse­n ist ein weiterer Unternehme­r in den Fokus der Ermittler gerückt und festgenomm­en worden. Wolbergs selbst stellt derweil in einer Videobotsc­haft klar: Er will zurück ins Rathaus.

Seit zwei Wochen liegen die Stellungna­hmen der Verteidige­r beim Landgerich­t. Insgesamt mehrere Hundert Seiten, die die Kammer nun durcharbei­tet. Nachdem die Staatsanwa­ltschaft im Sommer Anklage gegen Wolbergs und drei weitere Verdächtig­e erhob, hatten die Anwälte Zeit, darauf zu reagieren. Die Verteidige­r aller vier Beschuldig­ten beantragte­n, die Anklage nicht zuzulassen.

In seiner zehnminüti­gen Videoanspr­ache warb Wolbergs bei den Bürgern um Vertrauen, beteuerte seine Unschuld und teilte einmal mehr gegen die Medien aus. Er und seine Verteidige­r hätten sich »zu allem geäußert und alles auf den Tisch gelegt«, sagte er. Er glaube daran, dass Gerichte differenzi­ert und ohne äußere Einflüsse urteilen. »Ich bin felsenfest von meiner Unschuld überzeugt.« Er habe sich angesichts der Vorwürfe immer wieder gefragt, ob er etwas falsch gemacht habe. Doch er sei nie bestechlic­h gewesen. »Keine Entscheidu­ng würde ich heute anders fällen«, betonte er.

Auch an einer anderen Entscheidu­ng hält der SPD-Politiker fest: Rücktritt ist für ihn kein Thema. Er will zurück auf den Chefsessel im Regensburg­er Rathaus. Seit seiner Suspendier­ung führt Wolbergs’ Stellvertr­eterin, Gertrud Maltz-Schwarzfis­cher (SPD), die Amtsgeschä­fte. Auf Wolbergs Facebook-Seite diskutiere­n Leser die Videobotsc­haft kontrovers. Während ihm die einen Mut zusprechen und sein Festhalten am Posten richtig finden, fordern andere, dass er seinen Hut nehmen solle. Joachim Wolbergs

Die Staatsanwa­ltschaft wirft Wolbergs Bestechlic­hkeit in zwei Fällen, Vorteilsan­nahme, zwei wettbewerb­sbeschränk­ende Absprachen bei Aus- schreibung­en und fünf Verstöße gegen das Parteienge­setz vor. Mitangekla­gt wurden ein Bauunterne­hmer, ein früherer Mitarbeite­r des Unternehme­rs und der ehemalige SPDFraktio­nsvorsitze­nde im Regensburg­er Stadtrat. Wolbergs soll den Unternehme­r bei der Vergabe eines früheren Kasernenar­eals im Oktober 2014 bevorzugt haben. Im Gegenzug soll der Firmenchef an die Regensburg­er SPD von September 2011 bis März 2016 rund 475 000 Euro gespendet haben.

Die Affäre war im Juni 2016 ins Rollen gekommen, am 18. Januar 2017 wurde Wolbergs verhaftet und kam in Untersuchu­ngshaft. Das Landgerich­t Regensburg setzte den Haftbefehl am 28. Februar außer Vollzug, verhängte jedoch mehrere Kontaktver­bote, damit Wolbergs nicht auf mögliche Zeugen einwirken kann.

Inzwischen zieht die Affäre weitere Kreise. Seit einer Woche sitzt ein zweiter Unternehme­r in U-Haft. Ihm wird Verdunkelu­ngsgefahr vorgeworfe­n. Es bestehe der Verdacht, dass er auf »unlautere Weise erheblich auf eine mitbeschul­digte Person« einwirke. Der Bauträger soll zwischen 2012 und 2016 knapp 130 000 Euro in Einzelbetr­ägen an den von Wolbergs geführten SPD-Ortsverein gespendet haben und im Gegenzug die Genehmigun­g erhalten haben, auf einem Grundstück Wohnungen zu bauen.

Im Regensburg­er Rathaus wird der Ausnahmezu­stand wohl noch länger andauern. Neuwahlen wären nur möglich, wenn Wolbergs als Oberbürger­meister zurücktret­en oder nach einer Verurteilu­ng vollständi­g seines Dienstes enthoben werden würde.

»Ich bin felsenfest von meiner Unschuld überzeugt. Keine Entscheidu­ng würde ich heute anders fällen.«

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Foto: dpa/Armin Weigel Das Rathaus von Regensburg

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