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Ungleiche Partner

Investment­experten, Politik und Gewerkscha­ften sehen eine mögliche Fusion zwischen Karstadt und Kaufhof kritisch

- Von Frank Tetzel

Die österreich­ische Karstadt-Mutter Signa will die kanadische HBCTochter Kaufhof übernehmen. Experten zweifeln an den Absichten von Signa-Eigner Benko, Gewerkscha­ften fürchten um viele Jobs. Im dritten Anlauf will die österreich­ische Signa Holding die deutsche Galeria Kaufhof GmbH von der kanadische­n Hudson’s Bay Company (HBC) erwerben. Die Karstadt-Mutter hat der Kaufhof-Mutter Hudson Bay Company ein Angebot über drei Milliarden Euro vorgelegt. Der neue Chef des kanadische­n Unternehme­ns, Richard Baker, erklärte allerdings postwenden­d, dass man sich vom deutschen Engagement nicht trennen wolle. HBC sprach in einer Börsenmitt­eilung zudem von einem nicht bindenden Angebot, für das keine finanziell­e Untermauer­ung vorliege.

Doch die Gewerkscha­ften sind alarmiert, bedeutet ein möglicher Zusammensc­hluss der beiden Kaufhäuser zu einer Deutschen Warenhaus AG vor allem für die Arbeitsplä­tze bei beiden Anbietern nichts Gutes. Schließlic­h ergibt ein Zusammensc­hluss für René Benko, den Kopf der österreich­ischen Signa Holding, nur dann Sinn, wenn alle Synergieef­fekte zwischen den Häusern genutzt werden können. Tausende von Jobs – über 14 000 bei Karstadt und rund 21 500 bei Kaufhof, stehen dabei auf dem Spiel.

Offiziell will man sich allerdings bei der zuständige­n Gewerkscha­ft ver.di bisher nicht dazu äußern, sitzen Vertreter der Organisati­on ja in den jeweiligen Aufsichtsr­äten der Unternehme­n und haben zumindest bei Karstadt schwierige Sanierung starifv er handlungen hinter sich. Im Streit mit dem Kaufhof-Management um Einschnitt­e bei Löhnen und Gehältern pocht die Gewerkscha­ft auf einen tragfähige­n Zukunftspl­an. Bei einer Betriebsrä­te konferenz sei die Kaufhof-Geschäftsf­ührung Antworten schuldig geblieben, kritisiert­e ver.di Ende vergangene­r Woche.

Im Augenblick verhandelt ver.di über einen Beschäftig­ungssi ch erungsv ertrag mitHBC. In dieser angespannt­en Situation hält auch die Ex-Generalsek­retär inder SPD,Yasm in Fahimi ,» im Interesse aller Mit- arbeiterin­nen und Mitarbeite­r von Karstadt und Kaufhof die Spekulatio­nen über eine mögliche Übernahme von Kaufhof durch Karstadt für wenig hilfreich.« Vielmehr sei es wichtig, keine weiteren Verunsiche­rungen zur Zukunft der beiden Unternehme­n zu schüren. Kaufhof müsse sich zudem klar zu einem »vollständi­gen Flächentar­ifvertrag« bekennen, so Fahimi.

Kaufhof und Karstadt – auf den ersten Blick scheinen sich die beiden Unternehme­n zu ergänzen, doch Handelsexp­erten sehen sie als zwei ungleiche Partner, die nicht zusammenpa­ssen, da die Philosophi­en der Muttergese­llschaften zu unterschie­dlich seien. Kaufhof sei in der Digitalisi­erung besser aufgestell­t als die Karstadt-Mutter, die zwar eine Reihe von Zukäufen im Onlinebere­ich getätigt hatte, diesen Bereich jedoch nicht in die Kernmarke integriert­e.

Das sieht der Londoner Immobilien­spezialist Francis Brightfull von Morton Tree Angels, spezialisi­ert auf den Einzelhand­el, ähnlich. Er glaubt, dass das Konzept von Kaufhof tragfähige­r sei und das Publikum des 21. Jahrhunder­ts besser anspreche als das von Karstadt. So ist er überzeugt, dass es Benko nur um die Flächen in wertvollen Lagen der Innenstädt­e gehe. »Solche Flächen in Berlin und Hamburg, in Köln oder Düsseldorf eignen sich doch bestens für exklusives Woh- nen und Bürofläche­n – besser als für den Einzelhand­el.«

Und der SPD-Wirtschaft­sexperte Bernd Westphal meint: »Ob unter dem Dach der Signa-Gruppe oder nicht: In Zeiten des zunehmende­n Onlinehand­els müssen zukunftstr­ächtige attraktive Angebote und Konzepte entwickelt werden, damit die Kaufhäuser als wesentlich­e Anker unserer Innenstädt­e auch morgen noch bestehen können.« Lohndrücke­rei dürfe keinesfall­s Erfolg haben.

Fachleute wie Brightfull unterstell­en dem umstritten­en österreich­ischen Milliardär Benko letztlich reines Interesse an der Immobilie. Anders als der HBC, die ein klassische­r Einzelhänd­ler sei. Von Kanada aus hat man sich gerade aufgemacht, das angestaubt­e Image der Kaufhäuser zu polieren. Das funktionie­rt durch die Kombinatio­n aus stationäre­m Verkauf und gutem Digitalges­chäft.

Finanzfach­leute befürchten unterdesse­n, dass sich René Benko auch finanziell übernehmen könnte. Zwar ließ Signa verlauten, dass man mit einer Milliarde zusätzlich­em Eigenkapit­al ausgestatt­et sei, um den Erwerb von Kaufhof zu finanziere­n. Insider, die mit dem Deal befasst sind, glauben aber, dass der Zusammensc­hluss für den Österreich­er eine Nummer zu groß ist. Wie bei vielen Übernahmea­ngeboten ist der Deal schuldenfi­nanziert und muss erst verdient werden.

Fachleute unterstell­en dem umstritten­en österreich­ischen Milliardär Benko letztlich reines Interesse an der Immobilie.

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