Vorsicht vor Fotokopien
Testament
Viele fertigen von ihrem handschriftlichen Testament eine Fotokopie an, und zwar für den Fall, dass das Original abhandenkommt oder nicht gefunden wird.
Das ist an sich eine gute Idee, denn im Erbfall kann ein verschwundenes Testament anhand einer Fotokopie rekonstruiert werden.
Die Kehrseite der Medaille zeigt aber folgender Fall: Der Witwer Hans Maier hat einen einzigen Sohn. Als er sich mit diesem zerstreitet, setzt er voller Wut eine gute Bekannte in einem handschriftlichen Testament zur Erbin ein und gibt ihr eine Kopie dieses Testaments. Nachdem er sich mit seinem Sohn wieder versöhnt hat, zerreißt er dieses Original-Testament und wirft die Überreste in den Abfall.
Juristisch ist dies die Aufhebung des Testaments durch bewusste Vernichtung durch den Erblasser (§ 2255 Bürgerliches Gesetzbuch). Der Erblasser Hans Maier denkt also, nunmehr sei alles geregelt, weil sein Sohn ja ohnehin von Gesetzes wegen sein einziger Erbe ist.
Aber nach dem Erbfall beginnen die Probleme: Die gute Bekannte, die von der Vernichtung nichts weiß, reicht ihre einst übergebene Fotokopie guten Glaubens bei Gericht ein und bezichtigt den Sohn, dass er das Original-Testament hat verschwinden lassen. Nach der Rechtsprechung (siehe Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 16. November 2016, Az. I-3 Wx 250/15) muss der Sohn nunmehr durch Indizien glaubhaft machen, dass der Vater das Testament bewusst vernichtet hat, um es aufzuheben. Dass dies oft schwierig ist, liegt auf der Hand. Der Ausgang eines solchen Rechtsstreits ist offen.
Was sollte man also tun? Am besten ist es, vorsorglich ein neues Testament zu errichten, auch wenn dieses mit der gesetzlichen Erbfolge übereinstimmt, und in diesem Testament ausdrücklich frühere Verfügungen von Todes wegen zu widerrufen.
Der Autor ist Fachanwalt für Erbrecht und Präsident des Deutschen Forums für Erbrecht in München.