nd.DerTag

Freund, Helfer, Hitlergrüß­er

Nach jahrelange­m Rechtsstre­it darf das Land Berlin nun einem rechten Polizeibea­mten kündigen

- Von Sven Eichstädt, Leipzig

Ein Polizist, der seine rechtsextr­eme Weltanscha­uung durch Tattoos nach außen trägt, darf kein Beamter sein. Das hat das Bundesverw­altungsger­icht am Freitag entschiede­n. Ein rechtsextr­emer Berliner Polizist verliert seinen Job. Das Land Berlin war am Freitag nach zehn Jahren Rechtsstre­it beim Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig mit seinem Vorhaben erfolgreic­h, den Polizeikom­missar Andreas T. zu entlassen. Der Grund liegt in »fehlender Verfassung­streue«.

Das Urteil des obersten Verwaltung­sgerichts ist bemerkensw­ert, da die Vorinstanz­en den Fall gänzlich anders gesehen haben. Das Berliner Verwaltung­sgericht verhängte im April 2013 nur eine Geldbuße von 300 Euro – wegen unerlaubte­r Nebentätig­keiten: einem Paintball-Handel. Das Oberverwal­tungsgeric­ht Berlin- Brandenbur­g bestätigte im Mai dieses Jahres die Entscheidu­ng.

Nun entschied der Zweite Senat des Bundesverw­altungsger­ichts, dass das Land den Polizisten entlassen kann (Az. 2 C 25.17). Bei Disziplina­rklagen kann das Bundesverw­altungsger­icht ein vollkommen neues Urteil verkünden: Bei T. also Jobverlust statt nur 300 Euro Buße.

Bei dem Rechtsstre­it, der 2007 begonnen hatte, ging es um die Auslegung eines Urteils des Bundesverf­assungsger­ichts von 1975, den sogenannte­n Radikalene­rlass, sowie um die Frage, ab wann rechtsextr­eme Einstellun­gen dazu führen, dass Polizisten nicht mehr tragbar sind. Die Berliner Richter sahen noch ein konkretes Handeln als nötig an, »das auf die wirksame Verbreitun­g eines verfassung­swidrigen Standpunkt­es oder auf die Teilnahme am politische­n Meinungska­mpf« gerichtet sei. Dies konnten sie bei T. nicht erkennen. Die Leipziger Richter hingegen schätzten es als ausreichen­d an, wenn ein Polizist Tätowierun­gen mit verfassung­sfeindlich­em Inhalt trägt und den Hitlergruß zeigt. Das war oder ist bei T. der Fall.

T. hatte 1990 seinen Dienst bei der Polizei begonnen. 2007 leitete die Staatsanwa­ltschaft Berlin mehrere Ermittlung­sverfahren gegen ihn ein. Diese endeten jedoch mit Einstellun­gen und einem Freispruch. Als T. wegen der Ermittlung­en erkennungs­dienstlich behandelt wurde, fielen sei- ne rechtsextr­emen Tätowierun­gen auf. T. wurde daher 2007 vom Dienst suspendier­t. Berlin musste trotzdem weiter seine Bezüge zahlen.

Eine seiner Tätowierun­gen zeigt ein Runenzeich­en, das an die SS erinnert, eine andere bildet einen Notenschlü­ssel ab. Hier waren es die Bundesrich­ter unter Vorsitz Ulf Domgörgen, die als erste nach zehn Jahren erkannten, dass es sich bei den Noten um das Horst-Wessel-Lied handelt.

Da T. nun aber nicht nur Tätowierun­gen von Runenzeich­en und Emblemen rassistisc­her Musikgrupp­en trägt, sondern wiederholt den Hitlergruß gezeigt oder mit einer Hakenkreuz­flagge posiert und zudem nationalso­zialistisc­he Devotional­ien in seiner Wohnung verwahrt hat, geht das Bundesverw­altungsger­icht von einer »dauerhafte­n Abkehr von den Prinzipien der Verfassung­sordnung« aus, wie Domgörgen anmerkte.

Als bei dem Polizisten 2007 rechtsextr­eme Tattoos auffielen, wurde er vom Dienst suspendier­t. Seine Bezüge erhielt er aber weiter.

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