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Ermutigend­er Protest

- Kurt Stenger erwartet Machtkampf mit der Siemens-Führung

Mit derart viel und derart heftigem Protest dürfte die SiemensFüh­rung wohl nicht gerechnet haben, als sie ihre Kahlschlag­spläne im Generatore­nbereich entwerfen ließ. In Zeiten, in denen es allgemein Rekordjobz­ahlen gibt und der Konzern in anderen Bereichen ja auch einstellt, sollte das problemlos durchgehen.

Doch da hat sich Konzernche­f Joe Kaeser offenbar grandios verrechnet. Es geht eben nicht um ein paar Striche mit dem Rotstift in Papieren, sondern um konkrete persönlich­e Schicksale in konkreten Regionen. Gerade in Görlitz, wo ja schon Bombardier massiv Stellen streichen will, droht das gesamte industriel­le Rückgrat wegzubrech­en. Und dass man sich überhaupt vor allem auf den Osten mit seiner schwachen Industries­truktur stürzt, sorgt grenz- und parteienüb­ergreifend für politische­n Schultersc­hluss.

Gerade wegen der guten Wirtschaft­slage ist das Unverständ­nis groß. Auch Siemens macht im Gesamtkonz­ern gewaltige Gewinne, da sollte die Durststrec­ke in zwei Teilbereic­hen kein großes Problem darstellen. Es ist ermutigend, dass der Gesamtbetr­iebsrat die Pläne nicht als Verhandlun­gsgrundlag­e ansieht. Denn wer sich in Gespräche über die Details des Stellenabb­aus begibt, hat sich im Prinzip schon damit abgefunden.

Entscheide­nd wird aber sein, ob die Gewerkscha­ften genug Unterstütz­ung aus Politik und Gesellscha­ft bekommen und ob auch nicht betroffene Standorte solidarisc­h sind. Heute sind es Görlitz, Leipzig und Berlin – morgen vielleicht München und Erlangen?

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