nd.DerTag

Sägearbeit­en am Stuhl von Horst Seehofer

Ilse Aigner bringt Urwahl und eigene Kandidatur ins Gespräch

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München. Jamaika übertüncht nur notdürftig den Machtkampf in der CSU. Am Wochenende trat er wieder ungeschmin­kt zutage. Bayerns Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner brachte im Gespräch mit Parteifreu­nden eine Urwahl des Spitzenkan­didaten für die Landtagswa­hl und sich selber als Bewerberin ins Spiel. Dafür erntete Aigner scharfen Protest – ihr Vorstoß solle eher dazu dienen, Finanzmini­ster Markus Söder als Nachfolger von Ministerpr­äsident Horst Seehofer zu verhindern.

Aigner halte eine Urwahl für denkbar, berichtete­n »Münchner Merkur« und »Bild«-Zeitung am Samstag. Sie würde sich auch selbst einem solchen Mitglieder­votum stellen und antreten, sollte Seehofer nicht mehr kandidiere­n, hieß es dort. Aigner sehe darin eine Chance, die zerstritte­nen Lager in der CSU zu befrieden. Darüber habe sie zuletzt mit mehreren führenden Parteifreu­nden gesprochen. Eine Sprecherin Aigners wollte die Berichte weder bestätigen noch dementiere­n. Aigner halte sich an die vereinbart­e Linie. CSU-intern war besprochen worden, dass vor dem Ende der Jamaika-Sondierung­en in Berlin keine öffentlich­en Personaldi­skussionen geführt werden sollen.

Kultusmini­ster Ludwig Spaenle wies die Idee seiner Kabinettsk­ollegin brüsk zurück. Der Vorschlag sei »ein Lehrbeispi­el für politische­s Leichtmatr­osentum«, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Jeder könne sich für alles bewerben. Aber ein solch »durchsicht­iges politische­s Manöver« diskrediti­ere das Instrument der Mitglieder­befragung. Die Idee brüskiere zudem die Landtagsfr­aktion, kritisiert­e Spaenle. Er erinnerte auch an schlechte Erfahrunge­n anderer Parteien mit Urwahlen, etwa der CDU in Baden-Württember­g. Finanzstaa­tssekretär Albert Füracker, der wie Spaenle ein enger Vertrauter Söders ist, kritisiert­e in der »Mittelbaye­rischen Zeitung«, Aigner werfe anderen Egoismus vor, »hat sich aber selbst sehr genau Gedanken gemacht, wie man sich selbst in Position bringt«. Der oberbayeri­sche Landtagsab­geordnete Florian Herrmann griff Aigner, die auch oberbayeri­sche CSU-Bezirksvor­sitzende ist, ebenfalls scharf an. Wer eine Urwahl fordere, tue dies nicht aufrichtig, »sondern getrieben von dem einzigen Ziel: Söder zu verhindern«, sagte Herrmann.

Unterstütz­ung erhielt Aigner dagegen von Ex-Staatskanz­leichefin Christine Haderthaue­r. »Sollte es dazu kommen, dass wir 2018 mit einer anderen Person als dem amtierende­n Ministerpr­äsidenten in die Landtagswa­hl gehen müssen, könnte ich dem Vorschlag von Ilse Aigner einiges abgewinnen«, sagte sie. Sie sehe in der Partei »keine klar überwiegen­de Überzeugun­g dazu, welche Person Spitzenkan­didat sein soll«. Es komme aber 2018 darauf an, dass ein Kandidat die Breite der Basis hinter sich habe und nicht nur die Stimmen der Funktionär­e. Der oberbayeri­sche Landtagsab­geordnete Klaus Stöttner nahm Aigner ebenfalls in Schutz – ohne aber ihre Meinung sofort zu teilen. Eine Urwahl sei eine Überlegung wert. »Über alles, was hilft, um eine starke Geschlosse­nheit der Partei zu formen, darüber sollte man nachdenken dürfen.« Seehofer selbst wollte die Berichte nicht kommentier­en.

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