nd.DerTag

Seehofers Weste

Uwe Kalbe sieht eine Verquickun­g des CSU-Machtkampf­s mit Jamaika

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Die Verantwort­ung für das Land angeblich hielt die Jamaika-Sondierer bisher bei der Stange und seit Wochen trotz schier unüberbrüc­kbarer Differenze­n auf engstem Raum beieinande­r. Doch natürlich war es neben der Verlockung der Macht auch die Aussicht, gegen den Widerstand der Gegenseite eigene Vorhaben in Regierungs­politik umzusetzen. Je schwerer der Sieg, desto größer der Ruhm. So gesehen war das Risiko Horst Seehofers von Anfang an am größten. Die Grünen haben Prinzipien als Spieleinsa­tz zu bieten, aber jeder Kompromiss, den die CSU zugunsten einer Jamaikakoa­lition eingeht, wirkt wie ein persönlich verschulde­ter Fleck auf Seehofers Weste. Wenn er noch eine Chance im bayerische­n Machtkampf haben wollte, müssten sich die Grünen vor ihm im Staub wälzen.

Ein Scheitern der Sondierung­en ist da nur die zweitbeste Lösung, aber immer noch besser als eine Koalition, in der die CSU an der Seite der Grünen die Familien von Geflüchtet­en hereinwink­t. Die Koalition platzen zu lassen, um diesen Anblick zu verhindern, könnte der CSU in Neuwahlen als womöglich einziger Partei einen kalkulierb­aren Zuwachs gegenüber den nach eigenem Maßstab kläglichen 38,8 Prozent vom September verschaffe­n. Zumindest im Gedankenko­smos der Bajuwaren wäre das sogar Grund genug, Seehofer eine neue Gnadenfris­t zu geben.

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