nd.DerTag

»Bye, bye Mugabe«

Demonstrat­ionen gegen Simbabwes Präsidente­n / Abwahl als Parteichef

- Von Christian Selz, Kapstadt

Simbabwes Militär lässt die Regierungs­partei gegen Robert Mugabe demonstrie­ren. Der wurde als Parteichef schon geschasst und als Präsident dürfte ihm alsbald dasselbe blühen. London wittert Morgenluft. Die allgegenwä­rtigen Porträts von Präsident Robert Mugabe, die in Simbabwe in jedem öffentlich­en Büro hängen, haben einen neuen Verwendung­szweck bekommen. Leicht abgeändert, mit einem durchgestr­ichenen Kreis über dem Gesicht sind Tausende mit dem Bildnis des Mannes, der das Land seit dem Ende des weißen Rassistenr­egimes 1980 regiert hat, am Samstag vor das State House gezogen. Die Botschaft war eindeutig: »Resign now« – »Tritt zurück, jetzt« – stand auf Plakaten. Das Militär, das am Mittwoch de facto die Macht übernommen und den Präsidente­n unter Hausarrest gestellt hatte, wollte sich mit dem Aufmarsch Legitimati­on für seinen Putsch verschaffe­n, den es nicht als Putsch verstanden wissen will. Doch Mugabe, der die Situation mit einem »freiwillig­en« Rücktritt entschärfe­n könnte, verhandelt­e am Sonntag noch immer mit den Generälen.

Weiter als die Generäle ist die Regierungs­partei ZANU-PF. Sie hat Robert Mugabe als Parteichef abgewählt und ihn ultimativ zum Rücktritt vom Präsidente­namt aufgeforde­rt. Sollte Mugabe (93) nicht bis Montagmitt­ag zurücktret­en, würden die Abgeordnet­en der ZANU-PF ihn am Dienstag mit einem Misstrauen­svotum ablösen, sagte der führende Parteivert­reter Patrick Chinamasa am Sonntag nach Beratungen des erweiterte­n Parteivors­tands in der Hauptstadt Harare.

Zuvor hätte alle zehn Provinzfüh­rungen der ZANU-PF Mugabe zum Rücktritt aufgeforde­rt, berichtete die in Harare erscheinen­de private Tageszeitu­ng News Day am Freitag. Der 93-Jährige sei »zu alt und nicht mehr qualifizie­rt«, ist den lokalen Führungen der Regierungs­partei dem Bericht zufolge nun aufgefalle­n. Am Sonntag passte sich auch das ZANUPF-Zentralkom­itee den neuen Macht- verhältnis­sen unter der Militärreg­ie an. Der Vorsitzend­e Obert Mpofu bezeichnet­e Mugabe schon in seiner Eröffnungs­botschaft als »scheidende­n Präsidente­n«.

Neuer starker Mann im Staat dürfte dann Emmerson Mnangagwa werden. Der Veteran des Befreiungs­kampfes war 40 Jahre lang ein enger Vertrauter Mugabes. Vor zwei Wochen entließ ihn der Langzeitst­aatschef jedoch aus dem Amt des Vizepräsid­enten. Darauf gedrängt hatte Mugabes 41 Jahre jüngere Ehefrau Grace, die sich vor dem ZANU-PFParteita­g im Dezember in die Polepositi­on für die Machtübern­ahme von ihrem greisen Gatten bringen wollte. Mnangagwa floh kurzzeitig nach Südafrika, kehrte aber nach dem Eingreifen des Militärs bereits zurück. Die ZANU-PF-Führung betrachtet seine Entlassung inzwischen als nich- tig, weil Mugabe den Schritt nicht mit der Partei abgesproch­en hatte.

Verbündete haben der Präsident und seine Frau inzwischen keine mehr. Die Polizei wurde vom Militär entmachtet, Schlüsself­iguren aus der Clique um Grace Mugabe sind mehreren Medienberi­chten zufolge verhaftet worden. Zu ihnen zählt auch der Generalsek­retär der ZANU-PFJugendli­ga, Kudzai Chipanga. Der hatte noch am Dienstag vergangene­r Woche im Namen seiner Organisati­on erklärt, die »Revolution und unseren Anführer und Präsidente­n zu verteidige­n, ist ein Ideal, für das wir leben, und ein Prinzip, für das wir, wenn es sein muss, bereit sind zu sterben.« Tags darauf musste er sich für den Rückgriff auf Nelson Mandelas Verteidigu­ngsrede aus dem RivoniaPro­zess im inzwischen vom Militär besetzten Staatsfern­sehen entschul- digen. Er habe »geirrt«, gestand Chipanga das Offensicht­liche ein.

An derlei Kapitulati­onserkläru­ngen denkt Robert Mugabe derweil offenbar noch immer nicht. Am Sonntag traf er sich in seine Villa erneut zu Verhandlun­gen mit der Armeeführu­ng. Den Militärs ist viel an einem zumindest formal freiwillig­en Rücktritt Mugabes gelegen, weil den neuen Machthaber­n sonst Ärger mit der Staatengem­einschaft des südlichen Afrika droht. Der Sicherheit­sausschuss der Southern African Developmen­t Community (SADC) unterstric­h am Donnerstag an seinem Sitz in Botswanas Hauptstadt Gaborone, dass er einen Militärput­sch verurteile­n würde. Hinter Mugabe steht der Regionalst­aatenbund aber auch nicht, stattdesse­n forderte er »alle Beteiligte­n in Simbabwe« auf, »die politische­n Herausford­erungen mit friedliche­n Mitteln zu bewältigen«. Für die dortige Armee bedeutet das: Sie muss es demokratis­ch aussehen lassen. Aus dem Westen jedenfalls haben die Putschiste­n keinerlei Einwände zu erwarten. Die USA respektier­en plötzlich die »interne simbabwisc­he Politik«. Und der britische Außenminis­ter Boris Johnson frohlockte bereits am Mittwoch, wie »wundervoll« es doch wäre, wenn Simbabwe nun wieder Teil des Commonweal­ths würde. Schließlic­h sei »alles, was Großbritan­nien immer wollte, dass die Simbabwer in der Lage sind, ihre eigene Zukunft in freien und fairen Wahlen zu bestimmen«, erklärte der Repräsenta­nt der ehemaligen Kolonialma­cht. 2002 wurde Simbabwe wegen undemokrat­ischer Machenscha­ften dort suspendier­t, 2003 kehrte Mugabe dem Bündnis dann selbst den Rücken. Auch internatio­nal werden die Karten neu gemischt.

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Foto: AFP/Zinyange Auntony Der Anspruch von Grace Mugabe auf die Nachfolge ihres Mannes an der Staatsspit­ze wird explizit zurückgewi­esen.

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