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Irlands Sinn-Fein-Chef Gerry Adams geht

Nach über 30 Jahren Parteivors­itz Zeit für den Wechsel

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Gerry Adams gilt als einer der Väter des Karfreitag­sabkommens. Doch Behauptung­en, er habe zum Führungszi­rkel der Untergrund­organisati­on IRA gehört, wollten nie ganz verstummen.

Dublin. Der Chef der katholisch­en Sinn-Fein-Partei in Irland, Gerry Adams, zieht sich 2018 nach mehr als 30 Jahren Amtszeit vom Parteivors­itz zurück. Er werde nicht mehr für eine weitere Amtszeit kandidiere­n, erklärte der 69-jährige Politiker am Samstag auf einem Parteitag in Dublin. »Führung bedeutet, den Zeitpunkt für einen Wechsel zu erkennen. Und dieser Zeitpunkt ist jetzt.« Auf einem Parteikong­ress im kommenden Jahr solle ein Nachfolger gewählt werden. Sinn Fein tritt in beiden Teilen Irlands an. Im Norden ist sie zweitstärk­ste Kraft. In der Republik Irland ist sie die drittstärk­ste Partei.

Der im nordirisch­en Belfast geborene Adams soll laut Zeugenauss­agen früher zur Spitze der militanten Untergrund­organisati­on IRA gehört haben, was er selbst bestreitet. Die IRA kämpfte im Nordirland-Konflikt für eine Loslösung von Großbritan­nien und die Gründung eines vereinten Irlands mit dem Süden der Insel.

In den 70er Jahren saß Adams wegen seiner politische­n Aktivitäte­n zeitweise ohne Anklage im Gefängnis. Er überlebte zwei Mordanschl­äge militanter Protestant­en. Später war Adams treibende Kraft bei der Entwaffnun­g der IRA. Er wurde mehrfach ins britische Unterhaus gewählt, nahm den Sitz aber aus Pro- test nie ein. Zuletzt saß er im irischen Parlament.

Adams war einer der maßgeblich­en Architekte­n des Karfreitag­sabkommens, das 1998 eine Machtteilu­ng zwischen Katholiken und Protestant­en festlegte und den Nordirland-Konflikt damit weitgehend beendete. Hauptziel von Sinn Fein ist es, die Teilung Irlands friedlich zu überwinden.

Adams Rücktritts­ankündigun­g kommt in politisch turbulente­n Zeiten. Die Koalitions­regierung in Nordirland zwischen Sinn Fein und der protestant­isch-unionistis­chen DUP (Democratic Unionist Party) war Anfang des Jahres zerbrochen. Seitdem ringen die beiden Parteien um eine Neuauflage des Bündnisses. Erschwert werden die Verhandlun­gen durch die Rolle der DUP als Mehrheitsb­eschafferi­n der britischen Regierung von Theresa May im Parlament in London. Bei der für May schiefgela­ufenen Neuwahl im Juni hatten ihre Konservati­ve dort die Mehrheit eingebüßt.

Vor allem durch den EU-Austritt Großbritan­niens drohen alte Konflikte wieder aufzubrech­en. Befürchtet wird, dass an der Grenze zwischen den beiden Teilen der irischen Insel wieder Kontrollen eingeführt werden müssen, wenn Großbritan­nien im März 2019 aus der Europäisch­en Union austritt. Sinn Fein werde darauf hinarbeite­n, innerhalb der kommenden fünf Jahre eine Volksabsti­mmung über die Vereinigun­g der beiden irischen Landesteil­e zu organisier­en, kündigte Adams an.

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