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Karlsruhe urteilt über Betreuung

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Die Kinderbetr­euung ist in Sachsen-Anhalt ein Dauerthema. Es geht um Geld, Qualität und Zuständigk­eiten. Nun wird eine wegweisend­e Entscheidu­ng von höchster Stelle erwartet.

Magdeburg. Wer soll zuständig sein für die Kinderbetr­euung in Sachsen-Anhalt – Landkreise oder Gemeinden? Das Bundesverf­assungsger­icht in Karlsruhe wird seine Entscheidu­ng im Streit um das Kinderförd­erungsgese­tz (Kifög) am Dienstag verkünden. Mehrere Kommunen haben dagegen geklagt, dass seit 2013 die Landkreise für die Kitas zuständig sind und nicht mehr sie. Die Gemeinden sehen sich durch die Übertragun­g der Kompetenze­n entmündigt und pochen auf ihr Selbstverw­altungsrec­ht.

In der mündlichen Verhandlun­g am 12. April in Karlsruhe hatte Landessozi­alminister­in Petra Grimm-Benne (SPD) die Reform verteidigt. Die neue Struktur sorge für optimale Hilfe durch gebündelte Zuständigk­eit. Auch zur Urteilsver­kündung reist Grimm-Benne nach Karlsruhe. Nach Ansicht der acht Kommunen, die stellvertr­etend die Verfassung­sklage eingereich­t haben, hat das 2013 in Kraft getretene Kifög hingegen untauglich­e Strukturen geschaffen.

Bei der mündlichen Verhandlun­g argumentie­rte ihr Prozessbev­ollmächtig­ter Johannes Dietlein: »Örtliche Planung braucht örtliche Expertise.« Die Gemeinden pochen auf ihr grundgeset­zlich garantiert­es Recht auf kommunale Selbstverw­altung. Im April hatte Verfassung­sgerichtsp­räsident Andreas Voßkuhle betont, dass diese Garantie »zu den Eckpfeiler­n unserer Verfassung­sordnung« gehöre.

Vor dem Landesverf­assungsger­icht hatten die Gemeinden schon erreicht, dass das Land ihnen mehr Geld für die Kinderbetr­euung zahlen muss. Das führt zur ersten, kleineren Änderung des Kinderförd­erungsgese­tzes. Rund 30 Millionen Euro pro Jahr sollen die Kommunen dann erhalten. Die Änderung muss den Landtag noch passieren, damit sie 2018 wirksam werden kann.

Die Entscheidu­ng der Karlsruher Richter ist wichtig für die große Novellieru­ng des Kinderförd­erungsgese­tzes. Sollte das Bundesverf­assungsger­icht die bisherige Aufgabente­ilung von Gemeinden und Landkreise­n kippen, würde die Änderung eingearbei­tet.

Es wird in dem Gesetz aber auch um die generellen Konditione­n der Kinderbetr­euung gehen: die Betreuungs­zeiten, die Arbeitsbed­ingungen der Erzieherin­nen und Erzieher sowie die Qualität in den Kitas. »Wir brauchen dazu eine breite Debatte«, hatte Sozialmini­sterin GrimmBenne zuletzt erklärt. Sie hatte bereits im August einen Vorschlag für ein neues Gesetz vorgelegt, war aber von den Koalitions­partnern gebremst worden mit dem Argument, man wolle zunächst das Urteil aus Karlsruhe abwarten.

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