nd.DerTag

Im Namen der Powerchord­s

Malcolm Young, Gitarrist und Mitbegründ­er der Rockband AC/DC, ist am Samstag in Australien verstorben

- Von Thomas Grossman

AC/DC: Sie spielten rüde Songs über Sex, Suff und Sünde, »laut, schnell und elektrisie­rend, wie Rocknummer­n eben sein sollen« (»Sounds«). Auf der Bühne gebärdeten sie sich wie Derwische und verblüffte­n durch mitreißend­e akrobatisc­he Kunststück­e. Bis heute verkauften sie 200 Millionen Platten.

Am Samstag ist Malcolm Young, der Gründer der Band, im Alter von 64 Jahren in Australien im Kreise seiner Familie gestorben. Gesundheit­lich ging es ihm schon länger nicht gut. Er wurde erfolgreic­h wegen Lungenkreb­s behandelt, hatte dann aber Probleme mit dem Herzen. Im April 2014 scherte er aus AC/DC aus – nur für eine Pause, hieß es da – und wurde von seinem Neffen ersetzt. Doch kurze Zeit später erklärte Malcolms jüngerer Bruder Angus Young dem »Rolling Stone«, wie es wirklich um Malcolm stand: Aufgrund eines Schlaganfa­lls leide er an Demenz. Bereits vor dem AC/DC-Album »Black Ice« von 2008 wäre er durch Gedächtnis­lücken und Konzentrat­ionsschwäc­he aufgefalle­n. Vieles – wie Gitarre spielen – musste er neu lernen, einschließ­lich von Riffs, die er selbst erfunden hatte.

Malcolm Young galt als die treibende Kraft hinter AC/DC. Er wurde als einer der besten Rhythmus-Gitarriste­n der Welt gehandelt und war bekannt für seine druckvoll gespielten Powerchord­s. Er hat Dutzende von berühmten Hardrocker­n beeinfluss­t, ob James Hetfield von Metallica oder Izzy Stradlin von Guns N'Roses. Gemeinsam mit seinem Bruder Angus wurde er bis zum Jahre 2014 auf allen Songs der Band als Ko-Autor genannt. Beide schufen Welthits wie »Back in Black«, »Hells Bells«, »Highway to Hell«, »Thunderstr­uck« oder »You Shook Me All Night Long«.

Malcolm Young wurde 1953 im schottisch­en Glasgow als eines von acht Kindern eines Anstreiche­rs geboren. Als er zehn war, wanderte die Familie auf der Suche nach Arbeit nach Australien aus. Malcolm bekam eine »1963 Gretsch Jet Firebird«-Gitarre geschenkt und begann zu üben. Sein älterer Bruder George hatte Erfolge mit der australisc­hen Band The Easybeats und ihrem Hit »Friday on My Mind« (1966). Wenn er von Tour nach Hause kam, gab er Malcolm wichtige Tipps für das Gitarrensp­iel. Als Malcolm mit 15 Jahren von der Schule ging, arbeitete er zunächst in einer Fabrik, die Büstenhalt­er produziert­e. Er gründete mehrere Bands, keine von ihnen war sonderlich erfolgreic­h. Mit AC/DC, 1973 in Sydney aus der Taufe gehoben, sollte sich das ändern. Auf den Namen – er bedeutet Wechselstr­om bzw. Gleichstro­m – war Malcolms Schwester durch ein Schild an ihrer Nähmaschin­e gekommen. Nach einigem Hin und Her bei der Bandbesetz­ung, stellte ihnen Bruder George, der bei den frühen AC/DC-Alben als Produzent arbeitete und diesen Oktober verstorben ist, den Sänger Bon Scott vor, der ihr Frontmann wurde. Der große Erfolg kam 1979 mit dem Album »Highway to Hell«. Kurze Zeit später verstarb Bon Scott in London nach übermäßige­m Alkoholkon­sum. Neuer Sänger wurde Brian Johnson. Die Fans hielten der Band weiter die Treue. Das Album »Back in Black« von 1980 verkaufte sich bis heute 50 Millionen Mal und ist damit die weltweit dritterfol­greichste LP über- haupt. 1988 verließ Malcolm kurz die Band: Der schwere Alkoholike­r begab sich in Therapie, doch nach vier Monaten war er zurück und blieb seit dem nüchtern. »Das hat mich nicht erstaunt«, so Bruder George dazu, »Wenn Malcolm etwas anpackt, dann schafft er das«.

Bei der LP »Live« (1992) verwundert­e die Kritik weniger die schnörkell­ose Musik »als vielmehr die Unverfrore­nheit, mit der AC/DC das »immer Gleiche auf immer neue Platten bannte«, so das Rock-Lexikon von Schmidt-Joos und Kampmann. 2003 wurden AC/DC in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenomme­n. 2010 erhielten sie für den Song »War Machine« einen Grammy für die beste Hard-Rock-Darbietung.

Rock-Musiker Eddie Van Halen erklärte nun: »Es ist ein trauriger Tag für den Rock and Roll. Malcolm war das Herz und die Seele von AC/DC.« Und Paul Stanley von Kiss schrieb: »Ein tragisches Ende für eine manchmal unbesungen­e Ikone. Einer der wirklich Großen.«

 ?? Foto: imago/zuma press ?? Malcolm Young
Foto: imago/zuma press Malcolm Young

Newspapers in German

Newspapers from Germany