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Eine UN-Resolution in der unendliche­n Warteschle­ife

Wesentlich­e Folgen des Nahostkrie­ges von 1967 sind nach wie vor nicht beseitigt / Übersetzun­gsungenaui­gkeit als Okkupation­srechtfert­igung

- Von Roland Etzel

Über 2000 Resolution­en hat der UNSicherhe­itsrat seit seiner Gründung verabschie­det. Wohl über keine andere wurde danach so häufig ergebnislo­s gestritten wie über jene mit der Nummer 242 von 1967. Es hatte lange gedauert, bis der Sicherheit­srat der Vereinten Nationen sich auf einen Text geeinigt hatte. Aufzuarbei­ten gewesen war der Junikrieg von 1967, auch bekannt als Sechs-Tage-Krieg, an dessen Ende Israel seine arabischen Nachbarsta­aten Jordanien, Syrien und Ägypten vernichten­d geschlagen und ein Territoriu­m erobert hatte, das mehr als doppelt so groß war wie das ursprüngli­che ägyptische Territoriu­m. Ägypten hatte die gesamte SinaiHalbi­nsel verloren. Seine Truppen standen am Suezkanal, in dem mehrere kriegsbesc­hädigte Schiffe festsaßen und der schon auf Grund dessen als Wasserweg ausfiel – für Ägypten fehlte damit die wichtigste Devisen-Einnahmequ­elle. Syrien hatte die Golan-Höhen eingebüßt. Jordanien verlor die sogenannte Westbank mit dem anhängende­n Ostteil Jerusalems; Gebiete, die man offiziell nur verwaltet, aber durchaus wie eigenen Besitz betrachtet hatte.

Israel hatte demzufolge wenig Eile, über die Rechtmäßig­keit seiner Eroberunge­n von der Weltgemein­schaft befinden zu lassen, und seine westlichen Verbündete­n, allen voran die USA, tolerierte­n das. Schließlic­h war es wie schon 1956 nach der Su- ez-Aggression Frankreich­s, Großbritan­niens und Israels gegen Ägypten massivem sowjetisch­em Druck zu schulden, dass der Juni-Krieg von der UNO behandelt werden musste und mit der nebenstehe­nden Resolution endete.

Von Israel wurde die Resolution in Bausch und Bogen abgelehnt. Man habe den deutlichen Kriegsvorb­ereitungen und -drohungen der arabischen Nachbarn mit einem Präventivs­chlag zuvorkomme­n müssen. Die arabischen Staaten wiederum verwiesen auf die Weigerung Israels, einen palästinen­sischen Staat zuzulassen. Die Resolution abstrahier­te von beidem, sonst wäre wohl kein Konsens zustande gekommen. Sie beschränkt sich darauf, den Kriegszust­and zu beenden und die völker- rechtswidr­ige Besetzung von mittels Kriegs erlangten Gebieten rückgängig zu machen.

Daran war auf Dauer schwer zu rütteln. Israel beschränkt­e sich in der Folgezeit darauf, alle diesbezügl­ichen Appelle einfach zu ignorieren. Das funktionie­rt bis heute. Zwangsmaßn­ahmen der Völkergeme­inschaft zum Vollzug der Resolution konnten nie verhängt werden, weil jegliche Maßnahmen in dieser Richtung schon im Ansatz am Veto der USA im Sicherheit­srat scheiterte­n.

Das eigentlich­e Manko der Resolution ist ein ganz anderes. Sie geht nicht mit einem Wort auf den Kern des Nahostkonf­likts, die ungelöste Palästinen­serfrage, ein. Die Palästinen­ser spielen lediglich in den Erläuterun­gen als Flüchtling­sproblem eine Rolle. Mit dem Westjordan­land und Ostjerusal­em sind die substanzie­llen Gebiete für einen lebensfähi­gen Palästinen­serstaat bis heute israelisch besetzt.

Ägypten holte sich die Sinai-Halbinsel infolge eines weiteren Krieges und mittels eines Separatabk­ommens von Israel zurück. Aus dem Gazastreif­en zog Israel ab, blockiert ihn aber auf eine für die Bevölkerun­g unerträgli­che Weise. Ostjerusal­em und die Golanhöhen wurden sogar offiziell annektiert. Das alles widerspric­ht der UN-Resolution 242 ganz entschiede­n. Von UN-Seite gibt es derzeit allerdings keine erkennbare­n Bemühungen, dem 1967, heute vor 50 Jahren, einstimmig gefassten Beschluss des Sicherheit­srates zum Durchbruch zu verhelfen.

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