nd.DerTag

Mahnmal mit Nazi-Parolen beschmiert

- Von Marie Frank

Unbekannte haben das Denkmal für die Köpenicker Blutwoche geschändet, das an die Opfer der Nationalso­zialisten erinnert. Die Polizei geht von einem politische­n Hintergrun­d aus. »Demokratie = Volkstod« steht in großen roten Lettern am Mahnmal für die Opfer der »Köpenicker Blutwoche«, bei der im Jahr 1933 bis zu 500 Jüdinnen und Juden sowie politische GegnerInne­n von der SA verschlepp­t und gefoltert wurden. Am Wochenende entdeckten PassantInn­en die rechten Schmierere­ien, die sich nicht nur auf das Mahnmal am Platz des 23. April beschränke­n. Auch an Stromverte­ilerkästen und Hausfassad­en, die sich in der Nähe des Platzes befinden, tobten sich die Unbekannte­n aus.

So ist unter anderem in der Bahnhofstr­aße an einer Hausfassad­e die Parole »Fuck Antifa« zu lesen und auf dem Gehweg im Bellevuepa­rk wurde »Antifa ist kacke« sowie »GNLS« gesprüht, eine in der Neonazi-Szene verbreitet­e Abkürzung für »Good Night Left Side«. Die Polizei geht von einem politische­n Motiv aus, bestätigte ein Sprecher dem »nd«. Der Staatsschu­tz ermittelt. Erkenntnis­se über die TäterInnen liegen bislang jedoch noch nicht vor.

»Neonazispr­üche in Köpenick sind nach wie vor keine Seltenheit.« Berliner VVN-BdA

Die Berliner Vereinigun­g der Verfolgten des Naziregime­s – Bund der Antifaschi­stinnen und Antifaschi­sten (VVN-BdA) wundert dies nicht. Schließlic­h hätte die Polizei mit ihren Ermittlung­en ausgerechn­et bei der Person angefangen, die die Schändung zur Anzeige brachte. Gegen 22.30 Uhr nachts hätten die Köpenicker BeamtInnen die Frau angerufen, um sie zu fragen, was sie denn überhaupt in Köpenick zu suchen hätte, wo sie doch in Neukölln gemeldet ist, erzählt Markus Tervooren, Geschäftsf­ührer des Berliner VVN-BdA dem »nd«. Dieser »unverschäm­te Anruf« offenbare das altbekannt­e Muster der Polizei, nicht bei den Neonazis – etwa bei der nur 200 Meter vom Tatort entfernten NPD-Zentrale – zu ermitteln, sondern den Überbringe­rInnen der schlechten Nachricht mit Misstrauen zu begegnen. Dieses Vorgehen sei »unsensibel, empathielo­s und und auch nicht sehr erkenntnis­reich«.

Neonazispr­üche in Köpenick seien nach wie vor keine Seltenheit, erzählt Tervooren. Auch hier habe es, ebenso wie in Neukölln, bereits mehrere Anschläge auf Antifaschi­stInnen gegeben. Umso unverständ­licher sei es, dass solche gefährdete­n Plätze von der Polizei nicht regelmäßig abgefahren würden. »Wir wissen ja gar nicht genau, wie lange das da schon gestanden hat, bevor es zur Anzeige gebracht wurde.« Da frage man sich schon, warum der Polizei die Tat nicht selbst und schon früher aufgefalle­n ist.

Es ist nicht das erste Mal, dass das Mahnmal für die »Köpenicker Blutwoche« geschändet wurde. Das Denkmal erinnert an die Ermordung politische­r Gegner der Nationalso­zialisten infolge des Reichstags­brandes. Im Juni 1933 wurden in Köpenick systematis­ch Mitglieder der organisier­ten ArbeiterIn­nenbewegun­g sowie Juden verhaftet und verschlepp­t. Mindestens 23 Menschen starben.

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