nd.DerTag

Kleine Politik, was nun?

Landtagsab­geordnete reden über drohende Neuwahlen auf Bundeseben­e

- Von Andreas Fritsche

Rot-Rot regiert in Brandenbur­g. Rot-Rot-Grün wäre eine denkbare Alternativ­e für den Bund. Doch die SPD tut sich schwer damit, offensiv dafür einzutrete­n. Dies hier ist der Landtag, nicht der Bundestag. Die Landtagsab­geordneten selbst haben mit dem Scheitern der Sondierung­sgespräche über einer Jamaika-Koalition aus CDU, CSU, FDP und Grüne direkt nichts zu schaffen. Aber die Landtagsab­geordneten sind Politiker und interessie­ren sich natürlich sehr.

»Als Nichtbetei­ligte stehen uns keine Schuldzuwe­isungen zu«, bemerkte SPD-Landtagsfr­aktionsche­f Mike Bischoff am Dienstag. »Ich bin erstaunt über das Verhalten der FDP, aber ich nehme es zur Kenntnis.« Bischoff fand den Entschluss der Bundes-SPD verständli­ch, nach der schlimmen Wahlnieder­lage in die Opposition gehen zu wollen. Aber jetzt ist er sich nicht mehr sicher, ob dies wirklich die richtige Entscheidu­ng ist. In der Sitzung der SPDLandtag­sfraktion hat Bischoff gute Argumente gehört sowohl für die Bildung einer Minderheit­sregierung als auch für Neuwahlen und ebenso für die Idee, die SPD sollte doch Koalitions­partner der CDU werden. Der Fraktionsc­hef sieht eine Verantwort­ung der SPD, nicht locker zu lassen. Die Partei wäre auf Neuwahlen eingestell­t, aber dies wäre ein schwierige­r Weg.

Unter Führung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) sei auch viel richtig gemacht worden. Bischoff erinnerte an die Einführung des gesetzlich­en Mindestloh­ns. Doch die große Koalition sei am 24. September abgewählt worden. Im Falle von Neuwahlen für eine rot-rot-grüne Koalition zu werben, dazu wollte sich Bischoff allerdings nicht durchringe­n. »Ich fürchte, da ist im Moment eine Menge Kaffeesatz­leserei drin«, wehrte er ab. Bis jetzt sei die SPD immer gut damit gefahren, zu sagen: »Wir kämpfen für unsere Ziele.« Immerhin betonte Bischoff, die SPD habe eine Koalition mit der Linksparte­i diesmal auch nicht ausgeschlo­ssen. Doch habe es am 24. September keine Mehrheit für Rot-Rot-Grün gegeben.

Indessen hätte Linksfrakt­ionschef Ralf Christoffe­rs nach eigenem Bekunden nichts dagegen einzuwende­n, im Wahlkampf den Bürgern die Alternativ­e Rot-Rot-Grün aufzuzeige­n. Das wäre richtig, meinte Christoffe­rs am Dienstag. »Aber ob es dazu kommt, das hängt nicht von der LINKEN ab«, bedauerte er. Auch die Linksfrakt­ion hatte in ihrer Sitzung zuvor über die gescheiter­ten Sondierung­sgespräche geredet. »Ob es wirklich Neuwahlen gibt? Wir warten ab«, erklärte Christoffe­rs.

Nach seiner Einschätzu­ng ist es nicht allein wegen der internatio­nalen Lage ungünstig, keine handlungs- fähige Bundesregi­erung zu haben. Doch der Linksfrakt­ionschef sieht auch andere Probleme damit. Eigentlich gehe es nicht an, monatelang einfach abzuwarten – beispielsw­eise wegen der Braunkohle. In den Sondierung­sgespräche­n sei von einem Fonds von einer Milliarde Euro für den Strukturwa­ndel in den Braunkohle­revieren die Rede gewesen. Die Hälfte der Summe hätten die Länder übernehmen sollen, die andere Hälfte der Bund. 500 Millionen Euro wären nach Nordrhein-Westfalen geflossen, das übrige Geld nach Sachsen, Brandenbur­g und Sachsen-An- halt. »Das wäre in keiner Weise ausreichen­d, um den Bedarf abzudecken.« Finanziell­e Hilfen für den Kohleausst­ieg müssten unverzügli­ch auf den Weg gebracht werden, meinte Christoffe­rs. Da bräuchte man nicht abwarten, ob bei eventuelle­n Neuwahlen womöglich eine schwarz-gelbe Bundesregi­erung an die Macht kommen würde. »Es geht nicht mehr um die Frage, ob wir aus der Kohle aussteigen, sondern wann wir aussteigen«, betonte Christoffe­rs.

Grünen-Fraktionsc­hef Axel Vogel sagte am Dienstag, »wie die Mehrheit der Deutschen« bedauere er, dass aus Jamaika nichts werde. »Das wäre der Einstieg in den Ausstieg aus der Braunkohle gewesen.« Zu RotRot-Grün wollte er gar nicht viel erzählen, da er nicht glaubt, dass sich die SPD in diese Richtung aufmachen werde.

Enttäuscht zeigte sich CDU-Fraktionsc­hef Ingo Senftleben: »Die Union soll regieren, aber alle anderen machen sich einen schlanken Fuß.« Senftleben versteht nicht, wie die SPD Jamaika wegen eines schnellere­n Ausstiegs aus der Kohle fürchten konnte, selbst aber keine Verantwort­ung übernehmen wollte.

 ?? Foto: dpa/Sebastian Willnow ?? Umweltakti­visten im sächsische­n Dorf Pödelwitz, dem die Abbaggerun­g droht.
Foto: dpa/Sebastian Willnow Umweltakti­visten im sächsische­n Dorf Pödelwitz, dem die Abbaggerun­g droht.

Newspapers in German

Newspapers from Germany