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Sylt sucht Schutz hinter künstliche­r Sandbank

Die größte deutsche Nordseeins­el ist auch am meisten gefährdet, sagen Schleswig-Holsteins Küstenschu­tzexperten

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Um bewohnte Ortslagen auf Sylt zu sichern, wird seit 1972 Sand aufgespült zum Schutz vor Stürmen. Das Verfahren ist aufwendig – scheint aber zu wirken.

Westerland. Jedes Frühjahr steht beim Landesbetr­ieb für Küstenschu­tz, Nationalpa­rk und Meeresschu­tz (LKN) Schleswig-Holsteins ein fester Termin im Kalender: die Strandbere­isung Sylt. Mit Geländewag­en fahren die Mitarbeite­r die Westküste ab und dokumentie­ren die Schäden, die Herbststür­me hinterlass­en haben. Jahr für Jahr nagt die Natur an Strand und Dünen – der Sand muss dann ersetzt werden, gut eine Million Kubikmeter jährlich. Das sind etwa 50 000 Lastwagen-Ladungen, die in der Zeit zwischen April und Oktober wieder an den Stränden sowie dem Vorstrand eingebrach­t werden.

Dass auf Sylt so viel Sand abgetragen wird, liegt an der exponierte­n Lage der Nordseeins­el ganz im Nordwesten Schleswig-Holsteins. »Von den Nordseeins­eln ist Sylt nicht nur die größte, sondern auch die am meisten gefährdete«, erklärt Hendrik Brunckhors­t, Sprecher des Landesbetr­iebs.

Die Nachbarins­el Amrum hat mit dem Kniepsand eine vorgelager­te Sandbank, die als Wellenbrec­her fungiert. Fehlt eine solche Sandbank – wie auf Sylt – trifft die Brandung mit voller Wucht auf den Strand und trägt den Sand nach und nach ab. Bei starken Stürmen, vor allem, wenn sie mit Sturmflute­n einhergehe­n, wartet der zuständige Landesbetr­ieb deshalb nicht bis zum Frühjahr, um etwaige Schäden an Sylts Küste festzustel­len.

»Aus Küstenschu­tzsicht haben wir weder durch ›Sebastian‹ noch durch ›Herwart‹ unerwartet­e Schäden gehabt«, sagt Johannes Oelerich, Direktor des LKN. »Ein Teil des aufgespült­en Sands wird bei solchen Stürmen immer abgetragen. Aber das ist gewollt, dafür ist der Sandpuffer ja da«, erklärt Oelerich. Abbrüche habe es unter anderem an der Hörnum Odde gegeben – neben dem Strandabsc­hnitt Kliffende und der westlichen Spitze des Ellenbogen­s ist das eine besonders empfindlic­he Stelle an Sylts Küste. Dort steht auch das Strandrest­aurant Wonnemeyer, auf Douglasien­stämmem direkt am Weststrand gebaut. Eine Traumlage – aber auch eine, die der Naturgewal­t wenig entgegenzu­setzen hat.

Pächter Rüdiger Meyer ist erleichter­t, dass die Herbststür­me bisher keine Schäden angerichte­t haben. »Die Stürme waren eher kurz, außerdem gab es keine hohen Wasserstän­de«, so Meyer. Zudem habe sich der Strand dank der Sandaufspü­lung gut stabilisie­rt. Das ist auch der sogenannte­n Vorstranda­ufspülung zu verdanken. Dabei wird Sand vor der Küste Sylts entnommen und ein paar Hundert Meter vor dem Strand verklappt. »Dadurch wird zum einen die Wellenener­gie abgebremst. Zum anderen wird so Sediment an den Strand gespült«, erklärt Birgit Matelski vom LKN den Sinn dieser künstliche­n Sandbank.

Sylt ist mit knapp 100 Quadratkil­ometern nach Rügen, Usedom und Fehmarn die viertgrößt­e Insel Deutschlan­ds und die größte deutsche Nordseeins­el. Die Form der Insel hat sich im Laufe der Zeit ständig verändert – ein Prozess, der auch heute noch im Gange ist. Der nördliche und der südliche Nehrungsha­ken bestehen ausschließ­lich aus wenig fruchtbare­n Sandablage­rungen, während der Mittelteil von Sylt auf einem Geestkern ruht, der von der See aus in Form des Roten Kliffs sichtbar ist.

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Foto: dpa/Carsten Rehder Nicht gerade stabil: der Nordstrand von Sylt

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