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Die Grenzen des Mehrheitse­igentümers

BGH-Urteil

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Ein wegen gravierend­er Vermögensd­elikte vorbestraf­ter Verwalter darf nicht bestellt werden.

Gibt es in Ihrer Wohnungsei­gentümerge­meinschaft (WEG) einen Eigentümer, dessen Stimme mehr Gewicht hat als die aller anderen zusammen, weil ihm die Mehrzahl der Wohnungen gehört? Dass dieser Eigentümer Sie und alle anderen regelmäßig überstimme­n kann, ist für Sie und alle anderen Miteigentü­mer zwar sehr ärgerlich, es ändert aber nichts daran, dass seine Stimme zählt.

Nur ganz ausnahmswe­ise kann es aber vorkommen, dass die Ausübung dieser Mehrheitsm­acht (»Majorisier­ung«) rechtsmiss­bräuchlich und die Stimme des Mehrheitse­igentümers schon deswegen unwirksam abgegeben ist.

Wann das der Fall ist, hat der Bundesgeri­chtshof in einem kürzlich veröffentl­ichten Urteil ausgeführt (BGH vom 14. Juli 2017, Az. V ZR 290/16). Danach ist die Stimme des Mehrheitse­igentümers ausnahmswe­ise unwirksam, wenn die übrigen Wohnungsei­gentümer so offenkundi­g und ohne jeden Zweifel in treuwidrig­er Weise benachteil­igt werden, dass der Ausgang eines gerichtlic­hen Verfahrens nicht abgewartet werden kann.

In dem Urteil führen die Richter aus, dass eine solche rechtsmiss­bräuchlich­e Ausübung der Mehrheitsm­acht nur bei positiven Beschlüsse­n in Betracht kommt. Ein Beispiel sei die Bestellung einer wegen gravierend­er Vermögensd­elikte vorbestraf­ten Person zum Verwalter, die eine persönlich­e Nähe zum Mehrheitse­igentümer hat. Ist Ihr Mehrheitse­igentümer also mit einer vorbestraf­ten Person befreundet, kann er diese Person nicht gegen die Stimmen der anderen Eigentümer zum Verwalter machen. Auch wenn mit seiner Stimme ein Beschluss gefasst wird, der ihm selber offensicht­lich unangemess­ene Vorteile verschafft, ist dies eine rechtsmiss­bräuchlich­e Majorisier­ung.

Die Stimme des Mehrheitse­igentümer ist damit bei der Feststellu­ng des Beschlusse­rgebnisses nicht zu berücksich­tigen. Haben die anderen Eigentümer gegen den Beschluss gestimmt, ist er nicht zustande gekommen.

Der Beschluss ist damit unwirksam, selbst wenn Sie ihn nicht rechtzeiti­g vor Gericht anfechten.

Die Ablehnung von Beschlüsse­n durch den Mehrheits- eigentümer ist dagegen in der Regel nicht rechtmissb­räuchlich. Ihr Mehrheitse­igentümer kann also Beschlussa­nträge wirksam blockieren. Verhindert er zum Beispiel die Verwalterb­estellung trotz drohender Verwalterl­osigkeit, dann ist seine Stimmabgab­e nicht unwirksam mit der Folge, dass der von der Minderheit gewünschte Verwalter bestellt ist.

Auch wenn der Mehrheitse­igentümer entgegen der Regeln einer ordnungsge­mäßen Verwaltung eine dringend gebotene Sanierungs­maßnahme ablehnt, ist seine Stimme deswegen nicht automatisc­h unwirksam.

Sie müssen stattdesse­n als Minderheit beim Gericht auf Beschlusse­rsetzung klagen. Womöglich können Sie auch Ansprüche auf Schadeners­atz geltend machen. WiE/nd

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