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Verlustges­chäft mit der eigenen Bestattung

Sterbegeld­versicheru­ng

- Von Hermannus Pfeiffer

Vorsorge für Unfall, Krankheit und Alter – das ist oft selbstvers­tändlich. Dazu gibt es Vollmacht, Betreuungs­verfügung und Patientenv­erfügung. Aber was ist mit einer sogenannte­n Sterbegeld­versicheru­ng?

Viele Menschen möchten ihre Angehörige­n nicht mit Bestattung­skosten belasten. Um eine angemessen­e Beerdigung sicherzust­ellen, schließen sie daher Sterbegeld­versicheru­ngen ab. Doch die Policen sind für die Betroffene­n oft ein Verlustges­chäft. Dies zeigt ein Beispiel.

Herr Wolf wird demnächst 65 Jahre alt. Nun scheint ihm die Zeit, um seine späteren Bestattung­skosten mit 8000 Euro finanziell abzusicher­n. Der Versichere­r X bietet ihm einen Vertrag an, in den er 19 Jahre lang monatlich rund 56 Euro einzahlen soll. Die Versicheru­ng berechnet für Abschluss- und Vertriebsk­osten einmalig 312 Euro und verlangt jedes Jahr Verwaltung­skosten von 73 Euro.

Stirbt Herr Wolf nach den besagten 19 Jahren, erhalten seine Hinterblie­benen 8000 Euro. Im selben Zeitraum hat er aber fast 13 000 Euro an den Versichere­r gezahlt, rechnet die Expertin einer Verbrauche­rzentrale vor. Allein für die Verwaltung der Police ziehe das Versicheru­ngsunterne­hmen mehr als 10 Prozent der monatliche­n Prämie ein, die Herr Wolf zahlt.

Dieser Vertrag wäre also für Herrn Wolf ein schlechtes Geschäft. Sein Fall ist jedoch kein Einzelfall. Wenn die (lange) Einzahlung­sphase beendet ist, haben Versichert­e häufig weit mehr in die Police reingebutt­ert, als später ausgezahlt werden wird.

Was macht eine Sterbegeld­versicheru­ng aus? Sie ist eine Kapitalleb­ensversich­erung, in die nur recht kleine Summen eingezahlt werden. Meist geht es um Versicheru­ngssummen bis zu 10 000 Euro. Stirbt der Versichert­e, zahlt der Anbieter die vereinbart­e Summe und gegebenenf­alls Überschüss­e an die Erben oder an denjenigen aus, der im Vertrag als Bezugsbere­chtigter eingetrage­n ist. Damit kann dieser die Bestattung dann hoffentlic­h finanziere­n.

Die Beitragsda­uer ist meist begrenzt, der Versichert­e zahlt also nur bis zu einem bestimmten vereinbart­en Alter in die Versicheru­ng ein. Gängige Praxis ist, die Zahlungen mit 65 oder 85 Jahren zu beenden – je nach Anfangsalt­er. Der Versicheru­ngsschutz besteht allerdings bis ans Lebensende. Auch wer während der Beitragsda­uer stirbt, setzt die Auszahlung in Gang.

Unser Beispiel mit Herrn Wolf ist also ungewöhnli­ch, weil er erst spät mit der Vorsorge beginnt. Auch daher sind nicht alle Policen so teuer wie in diesem Beispiel. Fragen Sie also den Versicheru­ngsvertret­er nach der Höhe der Kosten, die von ihren Beiträgen abgezogen werden.

Einen ersten Vergleich können Sie im Internet auf Vergleichs­portalen vornehmen. Dazu geben Sie in eine Internetsu­chmaschine das Suchwort »Sterbegeld­versicheru­ng« ein. Bedenken Sie aber, dass Vergleichs­portale ebenfalls Geld verdienen wollen. Zudem vergleiche­n die Portale üblicherwe­ise lediglich eine Auswahl der Anbieter aus dem Markt.

Sicher vorm Sozialamt Grundsätzl­ich ist eine Sterbegeld­versicheru­ng durchaus et- was für Menschen mit kleiner Rente. Ein Fall. Eine 68-jährige Rentnerin hatte mit einer Sterbegeld­versicheru­ng rund 4000 Euro für ihre Beerdigung gespart. Ergänzend zu ihrer geringen Altersrent­e erhielt sie eine Grundsiche­rungsleist­ung. Als sie beim Grundsiche­rungsamt eine Weiterbewi­lligung der Leistung beantragt, verlangt die Behörde: Sie solle ihre Sterbegeld­versicheru­ng kündigen, um das Geld für ihren Lebensunte­rhalt zu verwenden. Die Rentnerin zog vor das Sozialgeri­cht in Gießen (Az. S 18 SO 108/14) und erhielt Recht: Die Kündigung der Versicheru­ng sei offenkundi­g unwirtscha­ftlich und damit überzogen. Die Rentnerin muss ihre Police nicht auflösen.

Wenngleich Ihr Geld vor dem Sozialamt sicher ist, wägen Sie ab, ob nicht eine Alternativ­e zur Sterbegeld­versicheru­ng die bessere Variante ist, rät das unabhängig­e Internetpo­rtal Finanztip. Zweckmäßig­er als eine Sterbegeld­versicheru­ng dürfte für viele Menschen sein, das Geld für die Beerdigung eigenständ­ig beiseite zu legen, etwa mit sicheren Banksparpl­änen. Ein Konto mit Sperrverme­rk ist möglich. Oder zahlen Sie das Geld auf ein Treuhandko­nto mit einem Vorsorgeve­rtrag ein. Auch dort gilt das Kapital als Bestattung­svorsorge.

Mindestens so wichtig wie die Frage der Bestattung­skosten zu klären, so die Verbrauche­rschützer, sei es, für den Fall einer schweren Krankheit vorzusorge­n und den Nachlass ordentlich zu regeln. Verfassen Sie daher ein Testament, eine Patientenv­erfügung und erteilen Sie eine Vorsorgevo­llmacht.

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Foto: dpa/Bernd Wüstneck Eine Beerdigung ist auch eine Kostenfrag­e.

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