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Hardliner vor Genf in Bedrängnis

Die nächste Syrien-Verhandlun­gsrunde wird in Riad und Sotschi vorbereite­t

- Von Roland Etzel

Nächste Woche soll es in Genf wieder offizielle Syrien-Gespräche geben. Darüber wurde nun vorverhand­elt: in Riad, in Sotschi und am heißen Draht Russland – USA. UNO-Chefunterh­ändler Staffan de Mistura hat für Dienstag zu einer weiteren Verhandlun­gsrunde nach Genf geladen, um – diese Aufgabe steht seit 2011 unveränder­t – endlich den Krieg in Syrien zu beenden. Alle bisherigen diesbezügl­ichen Runden in der Konferenzs­tadt endeten enttäusche­nd, und selbst dieses Wort ist zu mild, um die Stimmung zu charakteri­sieren die nach Genf stets vorherrsch­te. Alle Beteiligte­n schienen stets vor allem darum bemüht zu sein, die Unvereinba­rkeit der Standpunkt­e in den Vordergrun­d zu rücken.

Die Opposition­sgruppen betonten, beifällig bestärkt von den westlichen Staaten, besonders Frankreich, aber auch Deutschlan­d, dass sie mit dem »Schlächter des syrischen Volkes«, aber auch anderen Vertretern des »Regimes«, nicht einmal gemeinsam in einem Raum zu sein wünschten. Der so titulierte Staatspräs­ident Baschar al-Assad wiederum bezeichnet­e die Gegenseite zumeist als Terroriste­n, mit denen zu verhandeln es sich verbiete.

Diese Rituale können sich auch nächste Woche in Genf wiederhole­n. Allerdings müsste allen Beteiligte­n mehr als bei früheren Gelegenhei­ten klar sein, dass dann eben woanders über sie entschiede­n wird, zum Beispiel in Sotschi. An der russischen Schwarzmee­rküste empfing am Mittwoch Russlands Staatspräs­ident Wladimir Putin seine Amtsbrüder aus Iran und der Türkei, Hassan Ruhani und Recep Tayyip Erdogan.

Nicht zum ersten Mal versammelt­e sich dieses Triumvirat ad hoc zu Syrien. Und wenn auch beispielsw­eise Russland und die Türkei in Syrien eher Konkurrent­en um die Hegemonie denn Partner sind, verabredet­en sie zum Verdruss des Westens handfeste Abmachunge­n über »Deeskalati­onszonen«, regional begrenzte Waffenstil­lstände und vergaßen auch nicht, sich informell über Einflusszo­nen zu verständig­en. Zum Abschuss eines russischen Kampfflugz­euges durch die türkische Armee wie vor zwei Jahren soll es nicht mehr kommen. Die iranische Rolle in dieser Runde bleibt etwas unklar.

Für Teheran aber dürfte es bereits als Erfolg gelten, von Ankara und Moskau als legitimer Mitspieler akzeptiert zu sein, gerade in einer Zeit, in der man sich heftigsten Anfeindung­en ausgesetzt sieht; einmal von den USA, seit dort Donald Trump regiert, der möglichst alle Vereinbaru­ngen seines Vorgängers zu zertreten gedenkt, so auch die mit Iran. Zum anderen düpiert Teheran so auch Saudi-Arabien, das sich mit Irans Auftrumpfe­n in Syrien um die Früchte der jahrelange­n Wühlarbeit seiner fundamenta­listisch-sunnitisch­en Imame in Syrien gebracht sieht.

Auch in Saudi-Arabien bereitete man sich gestern auf Genf vor. 140 Auslandsop­positionel­le versuchten innerhalb ihres Hohen Verhandlun­gskomitees (HNC), sich in der Hauptstadt Riad auf eine gemeinsame Linie gegenüber Assad zu verständig­en. Wie zu vernehmen war, ist die totale Konfrontat­ion gegenüber Assad nicht mehr ungeteilte­r Konsens. In einer AFP-Korrespond­enz heißt es, es werde erwartet, »dass einige der Hardliner durch gemäßigter­e Opposition­elle ersetzt werden, die zu Kompromiss­en mit der Regierung bereit sind«.

Als äußeres Anzeichen dafür mag auch der Rücktritt von Riad Hidschab gelten. Der Koordinato­r des HNC gehörte bislang zu den Vertretern einer harten Linie gegenüber Assad. Das letzte Wort darüber spricht in Riad aber wohl einmal mehr der saudi-arabische Außenminis­ter Adel al-Dschubeir, der die Delegation auf Genf »vorbereite­t«. Russlands Außenminis­ter Sergej Lawrow wagte die Prognose, dass eine neue Führung es der Exilopposi­tion erlauben werde, »sich auf einer konstrukti­ven Basis zu versammeln«. Man wir sehen.

Alle Beteiligte­n schienen bisher darum bemüht zu sein, die Unvereinba­rkeit der Standpunkt­e in den Vordergrun­d zu rücken.

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Foto: AFP/Fayez Nureldine Syrische Opposition­elle am Mittwoch bei ihrem Treffen in der saudi-arabischen Hauptstadt Riad

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