nd.DerTag

Gentest zur Selbstopti­mierung

Experten warnen vor überflüssi­gen und fachlich nicht begleitete­n Analysen zu Gesundheit­srisiken

- Von Christoph Zeiher

Kommerziel­le Gentests liegen in den USA schon lange im Trend. Nun boomen die Lifestyle-Angebote auch in Deutschlan­d. Dabei ist nur wenig über den Markt bekannt. Experten sehen den Nutzen kritisch. Welcher Partner passt zu mir? Welche Ernährung ist gut für mich? Immer mehr Menschen suchen die Antwort auf diese Fragen in ihren eigenen Genen. Kommerziel­le DNA-Analysen liegen in den USA schon lange im Trend. Und auch in Deutschlan­d boomt der Markt.

Der Ablauf der meisten Gentests für zu Hause ist dabei recht simpel: Der Kunde bestellt sich online ein sogenannte­s Testkit – meist ein Paket mit Wattestäbc­hen. Anschließe­nd schickt er seine Speichelpr­obe ins La- bor und erhält per Post die Analyse seiner DNA, verbunden mit der Empfehlung zur passenden Sportart oder dem persönlich­en Vitamin-C-Bedarf.

Oft haben Unternehme­n, die derartige Tests in Deutschlan­d anbieten, ihren Sitz im benachbart­en Ausland – vorzugswei­se in der Schweiz oder in Österreich. Weder Marktforsc­her noch das für Gentechnik zuständige Robert-Koch-Institut wissen so genau, wie viele Tests hierzuland­e verkauft werden. Fragt man die Anbieter selbst, berichten diese aber von einer deutlich steigenden Nachfrage.

»Wir haben sehr viele deutsche Kunden, rund 30 Prozent sind aus Deutschlan­d«, sagt etwa Joelle Apter, deren Schweizer Firma GenePartne­r GmbH Tests für die Partnersuc­he anbietet. »Basierend auf dem genetische­n Profil des Kunden bestimmt die GenePartne­r-Formel die genetische Kompatibil­ität zweier Personen«, so das Unternehme­n auf seiner Internetse­ite. »Hohe genetische Kompatibil­ität bedeutet eine größere Wahrschein­lichkeit, eine andauernde und erfolgreic­he Partnersch­aft zu bilden.« Knapp 250 US-Dollar verlangt die Firma pro Analyse. Im Jahr 2016 habe sich die Zahl der Tests verdoppelt.

Die Firma Bioxtic aus Berlin hingegen bietet Tests zu Sport und Ernährung an. Die Analysen enthalten etwa Vorschläge für die perfekte Sportart, passend zur DNA. Als eher kleiner Anbieter verkauft das Unternehme­n nach eigenen Angaben monatlich rund 20 bis 50 solcher Tests. Deutschlan­d sei aber ein Markt mit viel Potenzial, teilt die Firma mit. Durchgefüh­rt würden die Analysen nicht in Deutschlan­d, sondern in zwei Labors in Osteuropa.

Experten sehen die kommerziel­len Genanalyse­n skeptisch: »Der Rat, sich gesund zu ernähren, Sport zu treiben und auf das Rauchen zu verzichten, ist immer gut. Dazu braucht es keinen genetische­n Test«, meint Bernhard Horsthemke, Direktor des Institutes für Humangenet­ik der Uniklinik Essen. »Viele Tests sind unseriös und helfen nicht weiter.«

Neben Lifestyle-Tests zu Fitness und Ernährung sind hierzuland­e viele medizinisc­he Genanalyse­n erhältlich. So bietet etwa die Firma Progenom auch krankheits­relevante Analysen an, darunter zu Risiken für Brustkrebs, Osteoporos­e oder Morbus Crohn. Alle Tests seien grundsätzl­ich nicht online erhältlich, sondern nur über Vertriebsp­artner, stets verbunden mit einer persönlich­en Beratung durch Fachperson­al. Firmenchef Wilhelm Schöfbänke­r spricht für den Markt in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz von einer »stark steigenden Tendenz«.

In Deutschlan­d unterliege­n Ernährungs- und Fitnesstes­ts keiner strengen Kontrolle. Lediglich DNA-Untersuchu­ngen zu medizinisc­hen Zwecken dürfen nur durch einen Arzt durchgefüh­rt werden. Ernährungs­analysen oder Ähnliches fallen laut Gesundheit­sministeri­um nicht darunter. Dennoch warnen Ärzte generell davor, DNA-Tests ohne fachliche Begleitung durchzufüh­ren. »Das Risiko besteht darin, dass die Testergebn­isse nicht im Rahmen einer genetische­n Beratung erläutert werden«, warnt der Humangenet­iker Horsthemke. »Die Ergebnisse können Besorgniss­e auslösen, wo sie nicht begründet sind. Oder den Probanden in falscher Sicherheit wiegen. Beides ist schlecht.«

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