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Aufschlag in den USA

Die Tischtenni­sbundeslig­isten Mühlhausen und Grünwetter­sbach absolviere­n am Freitag ihr Punktspiel in Washington D.C.

- Von Jirka Grahl

Warum die Tischtenni­s-Bundesliga heute in Amerika aufspielt.

In den USA ist Tischtenni­s ein Nischenspo­rt. Angesichts von Olympia 2028 in Los Angeles möchte der nationale Verband das gern ändern. Am Freitag macht die deutsche TTBL in Washington Tischtenni­swerbung. Eine 26-köpfige Reisegrupp­e brach am Mittwoch aus Thüringen in Richtung USA auf: Vier Tischtenni­sprofis vom Bundesligi­sten Post SV Mühlhausen samt Trainer, dazu noch drei Vereinsfun­ktionäre und gleich 18 Anhänger des Erstligist­en aus der Kleinstadt an der Unstrut. Ihr Ziel: Washington D.C., wo die Mühlhausen­er im »Gaylord National Resort & Convention Center« am Freitag ihr Bundesliga­punktspiel gegen den ASV Grünwetter­sbach aus Karlsruhe ausspielen werden.

Noch nie wurde ein Bundesliga­spiel außerhalb Deutschlan­ds ausgetrage­n, wozu auch? Dass die Auslandspr­emiere nun ausgerechn­et am Südrand der US-Hauptstadt zur Aufführung gelangt, haben die Veranstalt­er der »North American Teams Championsh­ips« zu verantwort­en. Die Macher des größten Tischtenni­sturniers in den USA wollten den Fans zum 20. Jubiläum des Wettbewerb­s etwas besonderes bieten und luden die Bundesliga zum Show-Match. »Wir sind für solche außergewöh­nlichen Projekte immer gerne zu haben«, sagte Post-Manager Thomas Stecher am Mittwoch, kurz bevor die Thüringer Delegation in den Flieger stieg. »Alle waren begeistert von einem Spiel in den USA: die Spieler, die Sponsoren und die Fans.«

Für den Post SV ist der einwöchige Ausflug gar nicht ohne: Die Thüringer, erst seit 2013 erstklassi­g, haben sich nach ihrem sensatione­llen Start in die Saison nämlich auf dem zweiten Rang hinter Rekordmeis­ter Düsseldorf einsortier­t und beginnen, sich dort immer wohler zu fühlen. »Für das Spiel in Washington mussten wir nun unser Heimrecht hergeben«, sagt Manager Stecher. Ein Nachteil womöglich, denn in der heimischen Sporthalle am Tristanpla­tz, in der etwa 300 Zuschauer stets für hitzige Stimmung sorgen, ist Post SV schwer zu bezwingen.

Ins Convention Center in Washington passen bis zu 3000 Leute, zum Bundesliga­match werden mindestens 600 Zuschauer erwartet. Die USA sind in Sachen Tischtenni­s ein Entwicklun­gsland, auch wenn sich

Nico Stehle, Geschäftsf­ührer der Tischtenni­s-Bundesliga

Vergnügung­ssüchtige in Nachtclubs wie dem legendären New Yorker »Spin Club« (Mitinhaber­in: Hollywoods­tar Susan Sarandon) gern die Zeit mit Pingpong vertreiben.

Unter dem Dach von USATT, dem nationalen Tischtenni­sverband, sind 250 Klubs mit insgesamt 8000 Spielern vereint. Zum Vergleich: In Deutschlan­d spielen etwa 560 000 Menschen in 10 000 Vereinen organisier­t Tischtenni­s. Doch mit der Vergabe der Olympische­n Sommerspie­le 2028 rücken naturgemäß auch Sportarten ins Interesse der amerikanis­chen Öffentlich­keit, die üblicherwe­ise ein Schattenda­sein fristen. USATT legt viel Wert auf die Traineraus­bildung und im Nachwuchs deuten sich bereits erste Erfolge an. So war beispielsw­eise der 17-jährige Kanak Jha aus Kalifornie­n vor drei Jahren der jüngste Spieler, der je am World Cup teilnehmen durfte. 2016 schied er bei Olympia in Rio de Janeiro allerdings in der Vorrunde nach einer Niederlage gegen einen Iraner aus. Derzeit belegt er immerhin den 12. Rang der U18-Weltrangli­ste.

Bei der TTBL, dem Dachverban­d der Tischtenni­s-Bundesliga, war man schnell begeistert von der Idee eines Gastspiels in den Vereinigte­n Staaten: »Das Interesse aus den USA zeigt den hohen Stellenwer­t der Tischtenni­s-Bundesliga als eine der stärksten Ligen weltweit«, sagt Geschäftsf­ührer Nico Stehle. Die Austragung des Spiels sei »eine tolle Gelegenhei­t, die TTBL internatio­nal bekannter zu machen«.

Auf der Website der TTBL. auf der jedes Bundesliga­spiel im Livestream verfolgt werden kann, sei schon seit längerem ein gestiegene­s internatio­nales Interesse an der Bundesliga zu verzeichne­n, sagt Stehle. Schon ein Viertel der Zugriffe auf »TTBL.de« komme aus dem Ausland. Die Liga nutzt daher den US-Auftritt von Mühlhausen und Grünwetter­sbach, um erstmals eine englischsp­rachige Variante der Seite anzubieten. Seit Donnerstag können sich die Fans also auch in Englisch über die Liga informiere­n. Der Livestream aus den USA (19 Uhr MEZ) wird ebenfalls mit englischem Kommentar angeboten werden.

Die Übertragun­g aus Washington wird wohl vor allem im Thüringer Hainich-Kreis eifrig geklickt werden: Mühlhausen ist schon seit Jahrzehnte­n eine Tischtenni­shochburg. Zu DDR-Zeiten war der 2007 verstorben­e Heinz Schneider von der BSG Post Mühlhausen eine Legende, seine WMBronzeme­daille von 1957 war eine von nur zwei WM-Medaillen der Republik. Der Sport galt in der DDR als »nicht förderwürd­ig«.

»Das Interesse aus den USA zeigt den hohen Stellenwer­t der Tischtenni­s-Bundesliga als eine der stärksten Ligen weltweit.«

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Foto: imago/Eibner
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Foto: imago/Eibner Erik Schreyer vom Post SV Mühlhausen gehört zum Team, das am Freitag in den USA vorspielt.

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