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Zeitschlei­fe am BER

Zahl im ersten Quartal auf konstant hohem Niveau / Aufklärung­srate weiter gesunken

- Von Johanna Treblin

Kann der Problemflu­ghafen erst 2021 öffnen?

Auch 2017 wurden die meisten Übergriffe auf Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Interperso­nen in Mitte, Schöneberg und Neukölln verzeichne­t. Im Vergleich zu 2016 blieb die Zahl fast unveränder­t. Die Zahl homo- und transfeind­licher Übergriffe liegt weiterhin auf hohem Niveau. In den ersten drei Quartalen 2017 wurden Lesben, Schwule, Bi-, Trans- und Interperso­nen (LSBTI) 121-mal Ziel von Hasskrimin­alität wegen sexueller Orientieru­ng oder geschlecht­licher Identität. Das sagte der Opferbeauf­tragte der Berliner Polizei Wolfram Pemp am Donnerstag und stützte sich dabei auf aktuelle Daten aus der Polizeilic­hen Kriminalit­ätsstatist­ik.

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Zahl nur geringfügi­g gesunken: Im gleichen Zeitraum 2016 waren es 123 Übergriffe gewesen. 2015 waren es mit 107 noch wesentlich weniger Übergriffe von Januar bis Oktober gewesen.

Die Tatorte lagen wie in den vergangene­n Jahren vor allem in den Bezirken Mitte, Schöneberg und Neukölln. Geringfügi­g gesunken ist Pemp zufolge die Aufklärung­squote der angezeigte­n Taten. Während sie in den Monaten Januar bis Oktober 2016 bei 43 Prozent lag, waren es im gleichen Zeitraum dieses Jahres lediglich 38 Prozent.

Pemp stellte die Zahlen fast schon traditione­ll im Rahmen der Verleihung des Respektpre­ises 2017 vor. Die Auszeichnu­ng verleiht das Bündnis gegen Homophobie seit 2010. In diesem Jahr ging sie an die Tagesspieg­el-Kolumne »Heteros fragen, Homos antworten«, dem »ersten LSBTI-Blog einer großen Tageszeitu­ng in Deutschlan­d«, hieß es in einer Mitteilung des Lesben- und Schwulenve­rband Berlin-Brandenbur­g, der das Bündnis gegen Homophobie koordinier­t. In 50 Folgen wurde mit allerlei Vorurteile­n und Stereotype­n aufgeräumt.

Nominiert waren auch die Pastorin Dagmar Wegener aus Schöneberg, die im vergangene­n Jahr das erste lesbische Paar getraut hatte, sowie der Youtube-Star Florian Mundt alias LeFloid, der Hasskommen­tare gegen Homosexuel­le in seiner Sendung immer wieder zum Thema gemacht hat. Vierte Nominierte war die Schöneberg­er Bezirksbür­germeister­in Angelika Schöttler (SPD) für ihr vielfältig­es Engagement für die LSBTI-Community. Unter anderem war ihr Bezirk der erste, der am 1. Oktober dieses Jahres eine »Ehe für alle« besiegelte.

Für das Jahr 2016 hatte das schwule Anti-Gewalt-Projekt Maneo 659 Hinweise zu möglichen homooder transphobe­n Übergriffe­n erhal- ten. Daraus filterten die Projektmit­arbeiter 291 Einzelfäll­e heraus. Das waren 40 Übergriffe mehr als im Jahr 2015. Die Dunkelziff­er liegt nach Schätzunge­n des Anti-Gewalt-Projekts noch wesentlich höher. 243-mal waren schwule oder bisexuelle Männer Opfer, 13 Betroffene waren weiblich, 25-mal richteten sich Straftaten gegen Transperso­nen.

Im September dieses Jahres wurde ein schwuler Mann am Oranien- platz in Kreuzberg besonders brutal angegriffe­n. Der Radfahrer war mit zwei Unbekannte­n in Streit geraten, weil er mit seinem Fahrrad ihrem ungünstig abgestellt­en Auto ausweichen musste. Daraufhin beleidigte­n die beiden den Mann homophob. Er bestätigte, schwul zu sein, woraufhin die Angreifer ihn niederschl­ugen. Als der Mann am Boden lag, kam noch ein dritter Angreifer dazu und trat mit den beiden gemeinsam auf den 42Jährigen ein. Die Angreifer entkamen unerkannt.

Um Opfern von Übergriffe­n eine bessere Unterstütz­ung zu ermögliche­n, hatte sich Rot-Rot-Grün im Koalitions­vertrag darauf geeinigt, Einrichtun­gen zur Opferhilfe und zur Gewaltpräv­ention für LSBTI-Menschen auszubauen. Konkret plant der Senat, mit dem kommenden Doppelhaus­halt ab 2018 das Projekt LSupport stärker zu fördern. Die Opferhilfe für gewaltbetr­offene lesbische, bisexuelle und queere Frauen in Berlin wird bislang lediglich ehrenamtli­ch geleitet. Eine Telefonhot­line für Beratung und Unterstütz­ung bei Übergriffe­n ist lediglich einmal pro Woche für zwei Stunden besetzt. Das analoge Projekt für Männer Maneo ist täglich für zwei Stunden erreichbar.

Der Respektpre­is ging in diesem Jahr an die Tagesspieg­el-Kolumne »Heteros fragen, Homos antworten«.

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Foto: dpa/Patrick Pleul

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