Von Verantwortlichkeit sprechen
Zu »Verrechnet, nicht verraten«, 22.11., S. 4; online: dasND.de/1070865
Sämtliche Desaster-Deutungen zeigen allenfalls ein merkwürdiges Demokratieverständnis, wenn das Ringen um Mehrheiten durch eine Minderheitenregierung als Schwächung verkauft wird. In Zeiten eines stets praktizierten Fraktionszwangs mag dies gewiss so erscheinen, aber wohl kaum in einer gelebten parlamentarischen Demokratie. Wir stehen nun nicht bei »Null« samt Lähmung. Es wird nur alles viel deutlicher.
Die Frage nach einer möglichen »Schuld« der FDP bedarf einer Richtigstellung: Der Begriff Schuld ist im politischen Rahmen generell verfehlt. Schuld ist ein Begriff aus der Ethik. Selbst im Eherecht hat man sich von einem Schuldbegriff verabschiedet. Im Bereich der Politik sollte man von Verantwortlichkeit sprechen.
Und von diesem Begriff aus mag man dann das Verhalten der FDP bei ihrem Ausstieg beurteilen. Dabei sollte man aber auch sehen, dass niemand zur Übernahme von Verantwortung genötigt werden darf, für deren Voraussetzung ihm als Koalitionär keine alleinige Verantwortung zugewiesen ist. Eine staatspolitische Verantwortung lässt sich in der gegenwärtigen Situation gerade nicht an einer Partei festmachen. Roland Weber, Mannheim Beiträge in dieser Rubrik sind keine redaktionellen Meinungsäußerungen. Die Redaktion behält sich das Recht Sinn wahrender Kürzungen vor.