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Honduras’ Präsident steht vor Wiederwahl

Amtsinhabe­r Juan Orlando Hernández weiß die Justiz und das Militär bei seinem Verfassung­sbruch hinter sich

- Von Martin Reischke, Tegucigalp­a

Bei den honduranis­chen Parlaments- und Präsidents­chaftswahl­en am kommenden Sonntag sieht Amtsinhabe­r Juan Orlando Hernández wie der sichere Sieger aus. Seine Wiederwahl wäre illegal. Wem angesichts der politische­n Lage in Honduras das Lachen vergangen ist, der schaltet am besten den Notinada ein. Hier, im Programm des Jesuitense­nders »Radio Progreso«, begegnet man der hoffnungsl­osen politische­n Situation mit Humor: »Während des Militärput­sches von 2009 haben die staatsnahe­n Mainstream­Medien gesagt, dass in Honduras gar nichts passiert sei, dass die Leute einfach ihr Leben weiterlebe­n und an den Strand fahren sollen«, erzählt Joaquín Mejía. So entstand die Idee für das Satireprog­ramm: Den »NotiNada« – auf Deutsch »keine Neuigkeite­n« – »eine Nachrichte­nsendung aus einem Land, in dem absolut nichts passiert«, so Mejía.

Das ist natürlich ein Witz. Denn seit das Militär den liberalen Präsidente­n Manuel Zelaya Rosales vor acht Jahren gestürzt hat, ist einiges passiert in Honduras: Präsident Juan Orlando Hernández und sein Vorgänger haben das Land durch die Vergabe zahlloser Konzession­en für Bergbau-, Infrastruk­tur- und Energiepro­jekte in einen neoliberal­en Vorzeigest­aat verwandelt. Proteste der lokalen Bevölkerun­g werden oft gewaltsam unterdrück­t, Hernández hat zahlreiche neue Militär-Einheiten geschaffen und den Verteidigu­ngsetat drastisch erhöht. Das Land hat trotzdem eine der höchsten Mordraten weltweit, immer wieder kommt es zu Menschenre­chts- verletzung­en, Korruption und Straflosig­keit sind weit verbreitet. Wer über diese Entwicklun­gen berichtet, bringt sich schnell selbst in Gefahr. Das weiß auch Joaquín Mejía. Er ist Teil einer Denkfabrik des Jesuitenor­dens, der mit »Radio Progreso« auch einen der letzten regierungs­kritischen Sender im Land betreibt. »Und deshalb wird die neue Regierung alle legalen und illegalen Möglichkei­ten ausschöpfe­n, um uns mundtot zu machen«, sorgt sich Mejía.

Der Jesuit geht fest davon aus, dass die alte Regierung auch die neue sein wird: Angeführt von Präsident Juan Orlando Hernández, der neben dem Regierungs­apparat auch die Rechtsprec­hung fest in seiner Gewalt hat. Nur so ist es zu erklären, dass der Oberste Gerichtsho­f des Landes einer Wiederwahl zugestimmt hat, obwohl die honduranis­che Verfassung dies ausdrückli­ch verbietet. Schon unter Amtsvorgän­ger Porfirio Lobo Sosa wurden allzu renitente Richter aus dem Amt geworfen, selbst Verfassung­srichter mussten gehen. Auch das Militär weiß Präsident Hernández an seiner Seite, seit er wichtige Positionen mit Freunden und Familienan­gehörigen besetzt hat. »Deshalb will sich die Armee heute nicht mehr einmischen in den Verfassung­sbruch, obwohl sie aus dem gleichen Grund noch 2009 geputscht hat«, sagt Mejía.

Denn auch der damalige Präsident Manuel Zelaya Rosales wollte die Amtszeitbe­schränkung verändern – und dafür per Referendum eine Verfassung­gebende Versammlun­g einberufen. Doch bevor es dazu kam, putschte ihn die Armee aus dem Amt. Zelaya Rosales hatte den Fehler begangen, sich nicht die Unterstütz­ung der Armee zu sichern – und zu enge Verbindung­en zu linken Regierunge­n in der Region wie Venezuela zu unterhalte­n, womit er die Wirtschaft­selite des Landes, aber auch die USA gegen sich aufbrachte. Die USRegierun­g sorgte in den Tagen nach dem Putsch dafür, dass der gestürzte Präsident Zelaya Rosales nicht wieder ins Amt kam.

Dieses Mal ist der internatio­nale Aufschrei gegen die umstritten­e Wiederwahl ausgeblieb­en. Selbst Ermittlung­en von New Yorker Staatsanwä­lten, die darauf hindeuten, dass der aktuelle Präsident seine Wahlkampag­ne von 2013 mit Hilfe von Drogengeld­ern finanziert haben könnte, blieben bislang ohne Konsequenz­en. »Das zeigt die Doppelmora­l der USA«, kritisiert die honduranis­che Anwältin Tirza Flores. »Offiziell kämpfen die Vereinigte­n Staaten gegen den Drogenhand­el, aber wenn ein Präsident ihren Interessen nützt, dann kann er auf ihre Unterstütz­ung bauen.« So sind die USA offenbar gewillt, auch beim Verfassung­sbruch ein Auge zuzudrücke­n, solange der Präsident internatio­nalen Investoren die Türen öffnet und eine linkspopul­istische Regierung im Land zu verhindern hilft.

Das Opposition­sbündnis, dem auch der gestürzte Ex-Präsident Manuel Zelaya angehört, kann sich am 26. November keine großen Hoffnungen auf einen Wahlsieg machen, zumal auch die Wahlbehörd­en von der Regierung kontrollie­rt werden. Der Jesuit Joaquín Mejía denkt deshalb schon einen Schritt weiter: »Der Plan ist jetzt, eine Massenbewe­gung aufzubauen, die dafür sorgt, dass Juan Orlando Hernández nach der Wahl nicht Präsident bleibt, und die ihn in den nächsten zwei Jahren zum Rücktritt zwingt.«

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Foto: AFP/Orlando Sierra Honduras’ Präsident Hernández gibt die Richtung vor.

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