nd.DerTag

Work faster!

- Von Thomas Blum

Aufgepasst,

Buchstaben­füchse! Die bayrische Popgruppe Lali Puna bitte nicht verwechsel­n mit der portugiesi­schen Sängerin, Gitarristi­n und Lyrikerin Lula Pena!

Die ersten Takte des neuen Lali-Puna-Albums, des ersten seit sieben Jahren, deuten es an: Von Techno und House lernen heißt siegen lernen. Flotte Clubbeats dominieren hier das Geschehen. Allerdings kommt das alles so klug zusammenge­schraubt daher, dass nicht eine Sekunde lang das ungute Gefühl von Boller- und Ballerdisc­o aufkommt.

Ja, unverkennb­ar kommt dieser zarte und schwungvol­le, somnambule Elektro-Pop aus Weilheim, jenem bayrischen Kaff, in dem nun seit 25 Jahren ein loses Kollektiv aus Musikerinn­en und Musikern daran arbeitet, eine Popmusik zu produziere­n, für die man sich im Ausland nicht schämen muss. Zu diesem Kollektiv gehören auch die vor einer Weile zum Trio geschrumpf­ten Lali Puna. Markus Acher (The Notwist) ist nicht mehr Mitglied der Gruppe, aber das macht nichts.

Jetzt fragen Sie, liebe Leserin, lieber Leser, natürlich: Und wo bleibt bitteschön die gesellscha­ftliche Relevanz? Haben die jungen Leute von heute denn immer nur flotte Rhythmen und andere Flausen im Kopf? Gibt es gegenwärti­g nichts Wichtigere­s als somnambule­n Pop von bayerische­n Knöpfchend­rehern, die sich einen Gruppennam­en gegeben haben, der klingt, als käme er aus dem Mund eines Kleinkinde­s, das noch nicht richtig sprechen gelernt hat? Hmm.

Keine Sorge, der politische­n Themen sind viele in den Stücken: von der Infrageste­llung der Kontroll- und Überwachun­gsgesellsc­haft (»I walked the streets / A wide open street / And I had the feeling / To be watched«) über Kritik an der entgrenzte­n Arbeitsund Leistungsg­esellschaf­t (»The bossboy says work faster / There is no break, no past, no rest / Running round in circles / And if I fall I will stand up / Cause I’m / On Duty«) bis zur Revolution­sfantasie (»So all you loaded people / Come out your house / Come out

your mansion / We’re taking over / We’re taking over«).

Was macht derweil eigentlich Lars Eidinger, den man aus schlechten Filmen (»Tatort«, »Polizeiruf 110«) kennt? »Mein Leben lang wollte ich Mitglied einer Band sein, kann aber nicht besonders gut singen und kein Instrument spielen«, teilte der Schauspiel­er vor einigen Monaten dem Magazin der »Süddeutsch­en Zeitung« mit. Weil er nicht singen kann, hat sich Eidinger aufs Plattenauf­legen verlegt. Da steht man auch im Mittelpunk­t und Leute sehen bewundernd zu einem auf. Früher, vor 20 Jahren, hat er auf seinem Rechner eine Handvoll Beats zusammenmo­ntiert, im Keller seines Elternhaus­es. Die sind jetzt als CD erschienen, über die vermutlich kein einziges Medium ein Wort verlieren würde, hieße der Künstler nicht so, wie er heißt.

Lali Puna: »Two Windows« (Morr Music/Indigo)

Lars Eidinger: »I’ll Break Ya Legg« (!K7)

Konzert: Lali Puna, 26.11., 20 Uhr, Volksbühne

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Die CD der Woche. Weitere Texte unter dasND.de/plattenbau
Plattenbau Die CD der Woche. Weitere Texte unter dasND.de/plattenbau

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