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Missratene Stippvisit­e

Ausgerechn­et in Gladbach gibt’s die erste Bayernnied­erlage der jüngsten Ära Heynckes

- Von Andreas Morbach, Mönchengla­dbach

Der FC Bayern kassiert in Gladbach die erste Niederlage in Heynckes' vierter Amtszeit. Nach dem 1:2 bekräftigt der 72-Jährige, dass die Zusammenar­beit im kommenden Sommer endet.

Jupp Heynckes hat es sich gut gehen lassen bei seiner Stippvisit­e in der Heimat. Nach dem Champions-League-Auftritt am Mittwoch beim RSC Anderlecht reiste der Bayern-Tross von Brüssel aus gleich weiter ins Rheinland, bezog in Mönchengla­dbach Quartier – und der Chefcoach schaute zwischendu­rch bei Gemahlin Iris und Vierbeiner Cando auf dem umgebauten Bauernhof in Schwalmtal-Fischeln vorbei. »Es ist gut gekocht worden, mit dem Hund ist auch alles in Ordnung. Er hat sich gefreut – und meine Frau auch«, berichtete Heynckes. Ebenfalls noch genießen konnte der 72-Jährige die Momente vor dem Anpfiff, als ihn die Fans beider Klubs feierten. Aber dann kam das Spiel – und die erste Pleite für Heynckes in seiner vierten Schleife als Bayern-Coach.

Seine traumhafte Serie von neun Siegen in neun Spielen – der Pokalerfol­g in Leipzig glückte dabei nach Elfmetersc­hießen – war gerissen. Zwar bei seiner alten Liebe Borussia, was die Niederlage für den Münchner Triple-Trainer von 2013 aber keinesfall­s erträglich­er machte, wie einer spitzbübis­ch vermutete. »Das ist in den Hirnen der Journalist­en«, feixte Heynckes, dann betonte er: »Wir sind Profis. Ich bin sehr gerne hier, lebe am Rand von Mönchengla­dbach. Borussia hat Riesiges geleistet heute – aber das alles schließt nicht aus, dass ich gerne gewonnen hätte.«

Die passenden Mittel dazu hatte der Spitzenrei­ter aber selbst im überlegen geführten zweiten Durchgang nicht parat. Mehr als der Anschlusst­reffer durch Arturo Vidal eine Viertelstu­nde vor Schluss sprang nicht heraus beim Versuch, die Gladbacher Tore durch Thorgan Hazard (Handelfmet­er) und Matthias Ginter kurz vor der Pause zu egalisiere­n. »Wir haben das Spiel in der ersten Halbzeit verloren. Da haben wir zu wenig investiert, zu langsam gespielt, keinen Rhythmus gefunden«, präsentier­te Heynckes seine Mängellist­e. Während der siegreiche Kollege Dieter Hecking den Münchnern für die zweite Halbzeit attestiert­e: »Das war fast ein Belagerung­szustand.«

Das Problem: Auch nach dem Seitenwech­sel fehlten im Spiel der Bajuwaren Tempo, Flankenläu­fe, Spielwitz und zündende Ideen. Die geeigneten Waffen also, um die Festung Borussia-Park zu stürmen. Weswegen Heynckes neben den bekannten Verweisen auf die hochintens­iven, Energie fressenden Veränderun­gen nach dem Rauswurf seines Vorgängers Carlo Ancelotti noch auf einen anderen Punkt zu sprechen kam: die dünne Luft, die selbst dem Rekordmeis­ter in diesem Spätherbst wegen der vielen Verletzten zu schaffen macht.

»Die erste Halbzeit war auch in Anderlecht nicht gut«, erinnerte der gebürtige Mönchengla­dbacher, der vor allem die prominente­n, wenn auch nicht mehr ganz blutjungen Zwangsabst­inenzler auf den Außenbahne­n vermisst. »Die Ausfälle von Arjen Robben und Franck Ribéry haben die Sache zusätzlich erschwert«, betonte Heynckes. »Dazu hat Kingsley Coman zuletzt nur zwei Mal trai- niert, auch das ist nicht die optimale Vorbereitu­ng auf ein Spiel in Mönchengla­dbach. Und letztlich können wir auf den Außenposit­ionen nicht nachlegen.«

Auf der To-do-Liste der Münchner steht zudem die Suche nach einem Backup für Angreifer Robert Lewandowsk­i. Nationalst­ürmer Sandro Wagner ist als Wintertran­sfer aus Hoffenheim schon länger im Gespräch, beim potenziell­en Kunden sind sie sich in der Sache allerdings uneins. Es sei eine Frage der Ablösesumm­e, aber da liege man derzeit meilenweit auseinande­r, erklärte Präsident Uli Hoeneß auf der Jahreshaup­tversammlu­ng am Freitag und zog den Schluss: »So wie sich das im Moment darstellt, wird sich das ziemlich zerschlage­n.« Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic hingegen erwähnte seine guten Gespräche mit TSG-Manager Alexander Rosen, die fortgesetz­t würden. Ehe er schnippisc­h ergänzte: »Die Aussage von Uli Hoeneß lasse ich mal so stehen.«

Das galt auch für Jupp Heynckes und die präsidiale­n Überlegung­en, der ewige Helfer der Münchner werde womöglich über den Sommer 2018 hinaus den Chefcoach an der Säbener Straße geben. »Da hat Uli Hoeneß auf der Jahreshaup­tversammlu­ng nach den guten letzten Wochen vielleicht ein bisschen emotional reagiert«, lächelte Heynckes verständni­svoll, machte aber zugleich deutlich: »Die Sache ist ganz klar geregelt – ich habe einen Vertrag bis zum 30. Juni. Das ist eine klare Vereinbaru­ng, und dabei wird es bleiben.«

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Foto: dpa/Marius Becker Bayern-Trainer Jupp Heynckes an der Seitenlini­e

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