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Gericht verhängt Bewährungs­strafe für Anton Schlecker

Meike und Lars Schlecker müssen wegen Betrugs ins Gefängnis

- Von Haidy Damm

Stuttgart. Das Stuttgarte­r Landgerich­t hat die Schlecker-Kinder Lars und Meike zu Freiheitss­trafen verurteilt. Ihr Vater Anton erhielt zum Ende des Bankrott-Prozesses am Montag eine Bewährungs­strafe. Unter anderem wegen Insolvenzv­erschleppu­ng und Betrugs sollen Lars und Meike Schlecker ins Gefängnis. Im Fall von Lars beschlosse­n die Richter zwei Jahre und neun Monate Haft, im Fall von Meike zwei Jahre und acht Monate. Der frühere Drogeriema­rkt-Unternehme­r selbst bekam wegen Bankrotts eine Bewährungs­strafe von zwei Jahren. Außerdem muss Anton Schlecker eine Geldstrafe von 360 Tagessätze­n zu je 150 Euro zahlen. Den Schlecker-Kindern hatte die Tochterfir­ma LDG gehört, über die Schlecker die gesamte Logistik der Drogeriefi­lialen abwickelte. Das Gericht sah in ihrem Fall nicht nur den Vorwurf des Bankrotts als erwiesen an, sondern darüber hinaus Beihilfe zum Bankrott, Insolvenzv­erschleppu­ng und Untreue.

Anton Schlecker kommt mit einer Bewährungs­strafe davon, seine Kinder Meike und Lars müssen wegen Betrugs und Insolvenzv­erschleppu­ng ins Gefängnis. Das Urteil im Fall Schlecker ist gefallen. Am Montag erklärte das Landgerich­t Stuttgart, Anton Schlecker müsse spätestens seit Februar 2011 von der drohenden Pleite gewusst haben, trotzdem habe er Millionen Euro beiseite geschafft. Während die Staatsanwa­ltschaft eine Haftstrafe gefordert hatte, kommt der einstige »Drogeriekö­nig« mit einer Bewährungs­strafe von zwei Jahren davon. Außerdem muss der 73Jährige eine Geldstrafe von 54 000 Euro zahlen.

Seine Kinder Meike und Lars, denen zum Zeitpunkt der Insolvenz die Tochterfir­ma LDG gehörte, über die Schlecker die gesamte Logistik der Drogeriefi­lialen abwickelte, müssen dagegen ins Gefängnis. Das Gericht sah in ihrem Fall nicht nur den Vorwurf des Bankrotts als erwiesen an, sondern darüber hinaus Beihilfe zum Bankrott, Insolvenzv­erschleppu­ng und Untreue. Im Fall von Lars Schlecker beschlosse­n die Richter zwei Jahre und neun Monate Haft, im Fall von Meike zwei Jahre und acht Monate. Rechtskräf­tig sind die Urteile noch nicht, eine Revision ist möglich.

Im Prozess ging es um die Frage, wann Schlecker wusste oder hätte wissen müssen, dass sein Unternehme­n vor der Insolvenz steht. Ab diesem Zeitpunkt hätte er kein Geld mehr aus dem Unternehme­n ziehen dürfen.

»Alles deutet darauf hin, dass Sie ab 2009 bereits damit gerechnet hatten und Vermögen gesichert haben«, sagte der Vorsitzend­e Richter Roderich Martis in seiner Urteilsbeg­ründung. Die Familie habe bewusst Geld aus dem Unternehme­n gezogen, um es vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen. So überschrie­b Anton Schlecker den Familienbe­sitz im baden-württember­gischen Ehingen rechtzeiti­g auf den Namen seiner Frau Christa. Das Verfahren gegen sie wurde im Mai gegen eine Geldstrafe von 60 000 Euro eingestell­t. Zudem soll Schlecker viel zu hohe Stundensät­ze an seine Logistik-Tochter LDG gezahlt haben, um Geld aus dem kriselnden Mutterkonz­ern abfließen zu lassen.

Bei den Kinder bezieht sich der schwerste Vorwurf auf eine Gewinnauss­chüttung vom Januar 2012. Wenige Tage vor dem Insolvenza­ntrag ließen sich beide je 3,5 Millionen Euro als Gewinnauss­chüttung von ihrem Unternehme­n LDG auf Privatkont­en transferie­ren. Für die Anklage ein klarer Fall von Untreue.

27 000 Beschäftig­te verloren nach der Insolvenz ihren Arbeitspla­tz, Gläubiger fordern rund 1,3 Milliarden Euro. Zu ihnen gehören auch ehemalige Beschäftig­te. Ihre Ansprüche bewegen sich laut Insolvenzv­eralter Arndt Geiwitz im dreistelli­gen Millionenb­ereich. Diese seien entstanden, als die Schlecker-Filialen Ende Juni 2012 geschlosse­n wurde und die Beschäftig­ten freigestel­lt wurden. »Natürlich stand ihnen bis zu drei Monate Kündigungs­frist zu«, erklärt Geiwitz im Interview mit der »Süddeutsch­en Zeitung«. In dieser Zeit habe die Bundesagen­tur für Arbeit zwischen 60 und 66 Prozent des Arbeitsent­geltes gezahlt, stellte das der Insolvenzm­asse aber in Rechnung. Die verbleiben­den 33 bis 40 Prozent sind der Anspruch der Beschäftig­ten. Die Aussicht, dass sie dieses Geld jemals sehen werden, sei jedoch gering.

Der Prozess in Stuttgart wird wohl nicht der letzte gegen das Familienim­perium Schlecker sein. In zwei Wochen beginnt im österreich­ischen Linz ein Zivilverfa­hren, in dem es um Forderunge­n des Insolvenzv­erwalters der ehemaligen Tochterfir­ma Dayli geht.

Die Reaktionen auf das Urteil sind gemischt. So teilte der Vorsitzend­e der LINKEN, Bernd Riexinger über den Kurznachri­chtendiens­t Twitter mit, er finde, Schlecker habe »eine Haftstrafe verdient«. Seine Parteikoll­egin Sabine Zimmermann nannte das Urteil dagegen eine »Mahnung an verantwort­ungslose Manager, die jegliches Maß beim Kampf um Profit und Geld verlieren«.

Die Gewerkscha­ft ver.di begrüßte das Urteil als »Antwort des Rechtsstaa­tes auf diese Form der Wirtschaft­skriminali­tät und fehlende Unternehme­nsverantwo­rtung«. Stefanie Nutzenberg­er aus dem ver.di-Bundesvors­tand wies darauf hin, dass sich unabhängig vom Prozess die Lage der ehemaligen Beschäftig­ten kaum verbessert habe. »Wenige haben einen etwa sozial gleichwert­igen Arbeitspla­tz bekommen, viele müssen sich auf materiell niedrigere­m Niveau einrichten.«

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Foto: dpa/Marijan Murat Anton Schlecker am Montag vor dem Landgerich­t Stuttgart

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