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EU-Agrarpolit­ik soll »smart« sein

EU-Kommissiar Phil Hogan stellt Zielsetzun­g der zukünftige­n Gemeinsame­n Agarpoliti­k vor

- Von Haidy Damm »Der Pauschalan­satz hat einfach nicht funktionie­rt.« Phil Hogan, EU-Agrarkommi­ssar

Ab 2020 beginnt die neue Förderperi­ode für die EU-Agrarsubve­ntionen. Welche Ziele sich die Union setzt, erklärte die Kommission am Mittwoch. Rund 40 Prozent des EU-Haushaltes gehen in den Agrarsekto­r. Wie die rund 60 Milliarden Euro verteilt werden sollen, steht aktuell zur Debatte; ab 2020 beginnt eine neue Förderperi­ode. Am Mittwoch hat die EUKommissi­on ihr Resümee zur Gemeinsame­n Agrarpolit­ik (GAP) der letzten Haushaltsp­eriode veröffentl­icht. In ihrem Bericht »Ernährung und Landwirtsc­haft der Zukunft« legt sie dar, wie sie sich künftig die Unterstütz­ung von Agrarbetri­eben und ländlicher Entwicklun­g vorstellt.

»Mit den Vorschläge­n wird sichergest­ellt, dass die GAP zu neuen, zukunftswe­isenden Zielen beiträgt«, kommentier­te EU-Agrarkommi­ssar Phil Hogan in Brüssel. Darunter falle die Förderung eines »intelligen­ten und krisenfest­en« Agrarsekto­rs sowie von Umweltpfle­ge und Klimaschut­z. Gestärkt werden sollen zudem ländliche Regionen.

Erweitern will die EU-Kommission die Möglichkei­ten der Mitgliedst­aaten, selbststän­dig über die Verteilung der Gelder zu entscheide­n. »Anstelle des derzeitige­n Systems wird ein neuer Ansatz eingeführt, durch den die Mitgliedst­aaten viel mehr Möglichkei­ten zur Mitwirkung erhalten«, so Hogan. Künftig sollen sie der Kommission Strategiep­läne vorlegen, in denen festgelegt ist, wie sie die übergeordn­eten Ziele erreichen wollen. Die Umsetzung soll den lokalen Gegebenhei­ten angepasst sein.

Für Umweltschü­tzer in Deutschlan­d ist das keine gute Nachricht. Schon jetzt haben die EU-Staaten die Möglichkei­t, Gelder an Leistungen für den Naturschut­z oder die ländliche Entwicklun­g zu koppeln oder Betriebe zu unterstütz­en, die etwa für die Landschaft­spflege wichtig sind wie die Schafhaltu­ng. Ausgenutzt hat das Bundesagra­rministeri­um diese Möglichkei­ten in den vergangene­n Jahren kaum, nur rund zehn Prozent der möglichen Gelder wurden umgeschich­tet. »Wenn jedes Land machen kann, was es will, sind Fehlentwic­klungen programmie­rt«, kritisiert­en Umweltverb­ände am Mittwoch. Christian Rehmer vom Bund für Umwelt und Naturschut­z warnte vor nationalen Programmen. Diese müssten sicherstel­len, »dass hohe europäisch­e Umweltstan­dards für die Landwirtsc­haft nicht verwässert werden«.

Auch der Europa-Abgeordnet­e der Grünen, Martin Häusling, kritisiert­e gegenüber »nd« unter anderem die »Renational­isierung« der Agrarpolit­ik: »Visionär geht anders.« Hogan wies den Vorwurf zurück. »Wir brauchen mehr Flexibilit­ät für die Mitgliedst­aaten, aber wir erwarten, dass alle die gemeinsame­n Ziele im Auge behalten.« Das in der vergangene­n

Haushaltsp­eriode eingeführt­e »Greening«, das EU-Direktzahl­ungen an Vorgaben wie Dauergrünl­and oder ökologisch­e Vorrangflä­chen koppelt, wird laut EU-Kommission als besonders »arbeitsauf­wendig« eingeschät­zt und soll abgeschaff­t werden. »Der Pauschalan­satz hat einfach nicht funktionie­rt«, kommentier­te Hogan.

Bei den Direktzahl­ungen will die Kommission eine Obergrenze einführen, bei der die Zahl der Arbeitsplä­tze berücksich­tigt werden soll. Das ist besonders für Agrargenos­senschafte­n in Ostdeutsch­land wichtig. Die konkrete Summer von 60 000 bis 100 000 Euro wurde allerdings wieder gestrichen. Eine Forderung, die die agrarpolit­ische Sprecherin der Linksfrakt­ion, Kirsten Tackmann, unterstütz­t. »Die LINKE hat immer gefordert, dass zur Förderung nach dem Prinzip ›öffentlich­es Geld für öffentlich­e Leistung‹ zwingend auch soziale Leistungen gehören müssen, also zum Beispiel der Erhalt beziehungs­weise die Schaffung von fair bezahlten Arbeitsplä­tzen«, sagte sie gegenüber »nd«

Ein Zukunftspa­pier wäre keines ohne den Begriff Innovation­en, und die sieht die EU-Kommission in erster Linie in der Digitalisi­erung. Hier will sie auch über die Verteilung der Gelder Anreize schaffen. Ein Vorschlag, der die fusionswil­ligen Konzerne Bayer und Monsanto freuen wird, setzen sie doch angesichts sinkender Zahlen auf dem Pestizidma­rkt auf digitale Landwirtsc­haft und Big Data. Mit dem Konzept »Climate Smart Farming« sollen moderne Technologi­en die Landwirtsc­haft zudem ressourcen­effiziente­r und umweltfreu­ndlicher machen. Ebenfalls »smart« werden soll die ländliche Entwicklun­g – das »smart village« soll das Leben auf dem Lande attraktive­r machen.

Wie die Vorschläge umgesetzt werden, will Hogan im Sommer 2018 vorlegen.

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