nd.DerTag

Einig nur gegen Sklavenhan­del

Der EU-Afrika-Gipfel in Abidjan kommt über Absichtser­klärungen nicht hinaus

- Von Martin Ling

Auf dem Papier sind sich die Staatschef­s der EU und der Afrikanisc­hen Union nähergekom­men: Die Zusammenar­beit soll noch einmal deutlich intensivie­rt werden. Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron und Deutschlan­ds Kanzlerin Angela Merkel hatten Abidjan nach dem ersten Tag des zweitägige­n EU-Afrika-Gipfels bereits wieder verlassen. In ihrer Abwesenhei­t einigten sich die Teilnehmer am Donnerstag auf vier Kernbereic­he für die künftige Kooperatio­n. Zu ihnen zählen die Migration, die Verbesseru­ng der Sicherheit­slage sowie Investitio­nen in Bildung und nachhaltig­es Wachstum. »Unsere gegenseiti­ge Abhängigke­it war noch nie so stark«, sagte der Präsident der gastgebend­en Côte d’Ivoire, Alassane Ouattara.

Überlagert wurde der Gipfel durch Berichte über Sklavenhan- del mit Flüchtling­en in Libyen, auf den Menschenre­chtsorgani­sationen schon seit Monaten ohne Resonanz hingewiese­n hatten.

Angesichts der menschenun­würdigen Zustände in libyschen Flüchtling­slagern hat die Kommission der Afrikanisc­hen Union (AU) eine umgehende Evakuierun­gsaktion für 3800 Flüchtling­e gefordert. Die Menschen, die sich in einem Lager befänden, wollten »so schnell wie möglich dieses Wespennest« verlassen, sagte AUKommissi­onspräside­nt Moussa Faki Mahamat am Donnerstag zum Abschluss des EU-Afrika-Gipfels.

Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron hatte am Mittwochab­end nach einem Krisentref­fen von EU, AU und UNO »NotfallEva­kuierungen« in den kommenden Tagen oder Wochen angekündig­t. Der US-Fernsehsen­der CNN hatte Mitte November ein Video veröffentl­icht, das eine Versteiger­ung von Migranten an nordafrika­nische Käufer zeigen soll. Hilfsorgan­isationen berich- ten schon länger über Misshandlu­ngen, Vergewalti­gungen und Zwangsarbe­it in Flüchtling­slagern in Libyen.

Die 3800 Flüchtling­e befänden sich in einem Lager nahe der Hauptstadt Tripolis, sagte AUKommissi­onschef Faki Mahamat. Sie stammten vor allem aus Westafrika und lebten unter »unmenschli­chen Bedingunge­n«. Faki Mahamat zufolge befinden sich derzeit »400 000 bis 700 000« Flüchtling­e in Libyen. Ihm zufolge gibt es in dem nordafrika­nischen Land nach Angaben der dortigen Regierung mindestens 42 Lager für Migranten.

Auch Alassane Ouattara, forderte zum Abschluss des Gipfels in seinem Land ein Ende »der unmenschli­chen Behandlung« von Flüchtling­en. Er verlangte »unverzügli­ch« Schritte zum Schutz der Menschen und ein Vorgehen gegen die Schleppern­etzwerke.

Die Hilfsorgan­isation Pro Asyl verlangte »die sofortige Freilassun­g und Evakuierun­g aller in- haftierten Flüchtling­e und Migranten in Libyen«. Die Organisati­on befürchtet gleichzeit­ig, dass es Ziel des angekündig­ten Evakuierun­gsplans ist, einen Großteil der Menschen »in ihre Herkunftsl­änder zurückzusc­haffen oder in ›Aufbewahrz­entren‹ in afrikanisc­hen Drittstaat­en zu transporti­eren«.

Das offizielle Ziel der EU lautet: eine moderne und nachhaltig­e Partnersch­aft mit Afrika.

Newspapers in German

Newspapers from Germany