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Trump verärgert Theresa May

Der US-Präsident teilte Nachrichte­n von britischen Rechtsradi­kalen auf Twitter

- Von Ian King, London

Das Weiterverb­reiten von antimuslim­ischen Tweets der rechtsradi­kalen Gruppe Britain First sorgt für Verstimmun­gen zwischen den USA und Großbritan­nien. Ein berühmtes Foto zeigt 1938 einen Zug in einem Berliner Bahnhof. Auf dem Bahnsteig ein Riesenschi­ld: Lok nicht qualmen! Die Lokomotive lässt trotzdem entsetzlic­h viel Dampf ab. Text: Sie kann es doch nicht lassen! Mit Donald Trumps Tweets sieht es ähnlich aus. Am Mittwoch solidarisi­erte er sich mit britischen Rechtsextr­emisten, indem er ihre Anti-Muslim-Tweets an seine 43 Millionen Followers wiedergab, Donnerstag brüskierte er Premiermin­isterin Theresa May persönlich.

Dabei hatten die ersten Tage von Trumps Amtsperiod­e ein Traumpaar versproche­n wie Prince Harry und Meghan Markle. Von keinerlei Zweifeln über Trumps gesammelte Vorurteile angekränke­lt, war May nach Washington geeilt, händchenha­ltend glitten beide die Treppe des Weißen Hauses herunter, May beglückwün­schte und lobte den frischgeba­ckenen Präsidente­n, lud ihn zum Staatsbesu­ch nach England ein. Aus britischer Sicht verständli­ch: Nachdem ihre Wähler bei der Brexit-Abstimmung den europäisch­en Partnern einen Korb gegeben hatten, brauchte sie nicht nur schnell einen neuen Freund, sondern vor allem ein Handelsabk­ommen mit den USA. Anfang November schwor ihr Brexit-fanatische­r Handelsmin­ister Liam Fox, chlorbehan­deltes Hähnchen nach Moms US-Rezept, obwohl in der EU verboten, würde keinem Briten schaden und sicher lecker sein. Ob hier ein ungleicher Vertrag mit dem Verhandlun­gsgenie Trump bevorsteht?

Aber dessen neue Tweets gingen der sonst folgsamen May zu weit. Der US-Präsident hat Fotos der rechtsextr­emistische­n Organisati­on Britain First weiter getwittert. Es handelt sich dabei um eine 2011 gegründete, fremden- und muslimfein­dliche Kleinparte­i. Thomas Mair rief »Britain First!« aus, als er eine Woche vor der BrexitAbst­immung die Labour-Abgeordnet­e Jo Cox niederscho­ss und erstach. Nun hatte Jayda Fransen, stellvertr­etende BF-Führerin, aber bisher in der Öffentlich­keit unbekannt, drei Fotos hochgelade­n, um antimuslim­ische Hetze zu schüren. Im ersten Bild – nicht aus England, sondern den Niederland­en – greift ein »muslimisch­er Einwandere­r« einen gehbehinde­rten Teenager an. Die holländisc­he Botschaft in Washington beteuert jedoch, der Gewalttäte­r sei in den Niederland­en geboren und erzogen, seine Religionsz­ugehörigke­it sei unbekannt. Fake news also, um Trumps Lieblingsa­usdruck zu gebrauchen.

Mays Sprecher betonte mit Recht, dass Britain First Zwietracht säen wolle und Spannungen hochkoche; Trumps Weitergabe der gefälschte­n Tweets sei ein Fehler. Aber »the Donald« twittert wie es ihm beliebt, Fehler sind ihm fremd. Also feuerte der Präsident aus vollen Rohren zurück: May solle ihn in Ruhe lassen und sich auf den radikalisl­amischen Terror im Vereinigte­n Königreich konzentrie­ren. Mays Büro antwortete steif, es gebe dazu keine Antwort.

Andere waren weniger zurückhalt­end. Sajid Javid, Minister und Muslim, erklärte, Trump habe sich vor den Karren eines hasserfüll­ten, rassistisc­hen Haufens gespannt, der sonst lammfromme Tory-Hinterbänk­ler Nadhim Zahawi meldete starke Unzufriede­nheit. Nicht nur britische Muslime waren entsetzt. Brendan Cox, Witwer der ermordeten Labour-Abgeordnet­en, twitterte zurück: »Jeden Tag gibt’s in den USA Massenersc­hießungen, Ihre Mordrate liegt viel höher als bei uns, Ihr Gesundheit­ssystem ist grauenhaft, Sie werden dauernd vom Kongress blockiert, obwohl Ihre Partei dort die Mehrheit hat. Konzentrie­ren Sie sich darauf!« Cox hat dabei sicher für Millionen gesprochen. Aber Bildungsmi­nisterin Justine Greening konterte kühl, die Beziehung zwischen Britannien und den USA würde jeden Zwist überdauern. Von einer Zurücknahm­e der Einladung an Trump spricht in Mays Regierung keiner.

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Foto: AFP/Odd Andersen Zwischen US-Präsident Trump und der britischen Premiermin­isterin May knirscht es.

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