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Davis muss sich Parlament stellen

- Von Sascha Zastiral, London

Die britische Regierung scheint die Forderunge­n der EU nach einer Abschlagsz­ahlung beim Brexit zu akzeptiere­n. Unterdesse­n gerät Brexit-Minister Davis in Schwierigk­eiten. Brexit-Minister David Davis droht großer Ärger: Der Vorsitzend­e des Unterhause­s in London, Justin Bercow, hat Davis dazu aufgeforde­rt, binnen weniger Tage vor dem Brexit-Ausschuss des Parlaments zu erscheinen. Sollte Davis dieser Aufforderu­ng nicht nachkommen, könnte er der »Missachtun­g des Parlaments« beschuldig­t werden – und im schlimmste­n Fall sein Mandat verlieren. Mehr noch: Sollte es zu einer Abstimmung über Davis' Verhalten kommen, könnte dieses als Misstrauen­svotum gegen die Regierung von Theresa May ausgelegt werden.

Im Zentrum des Streits stehen Dutzende Studien der Regierung, die sich mit den möglichen Folgen des EU-Austritts befassen. Die Abgeordnet­en des Unterhause­s haben Anfang des Monats dafür gestimmt, dass die Regierung diese Studien an den Brexit-Ausschuss des Unterhause­s übergeben muss.

Im Zentrum des Streits stehen Dutzende Studien der Regierung, die sich mit den möglichen Folgen des EU-Austritts befassen. Abgeordnet­e vermuten, heikle Passagen seien entfernt worden.

Die Abgeordnet­en der regierende­n Tories boykottier­ten die Abstimmung, was die Regierung zum Anlass nahm zu erklären, dass diese nicht rechtskräf­tig sei. Bercow, dessen Posten dem des Parlaments­präsidente­n in Deutschlan­d ähnelt, ist für genau solche Fragen zuständig. Er war anderer Ansicht und wies die Regierung an, der Aufforderu­ng des Parlaments Folge zu leisen.

Die Regierung weigerte sich jedoch zunächst, die Studien sofort herauszuge­ben – was zum ersten Mal zu Ärger führte. Es gebe ein »Missverstä­ndnis« hinsichtli­ch der Natur der Studien, sagte Davis. Bei ihnen handele es sich nicht um eigenständ­ige Dokumente. Viele von ihnen seien in umfangreic­heren Regierungs­papieren versteckt und müssten zunächst herausgear­beitet werden. Einige Abgeordnet­e protestier­ten. Sie vermuteten, dass Davis lediglich Mitarbeite­rn der Ministerie­n die Gelegenhei­t geben wollte, heikle Passagen zu entfernen.

Und genau das trat ein. Als Davis die Studien an den Ausschuss übergab, waren die Papiere, die bislang nicht öffentlich gemacht worden sind, so stark und offensicht­lich redigiert, dass viele Abgeordnet­e einen Vertuschun­gsversuch vermuteten. Mitarbeite­r der Ministerie­n haben Berichten zufolge zahlreiche Details entfernt, die bei den Brexit-Verhandlun­gen zum Problem werden könnten. Dabei haben die Abgeordnet­en des Unterhause­s in ihrer Abstimmung deutlich gemacht, dass sie sich Einsicht in die gesamten Dokumente wünschen.

Die Regierung erwägt nun offenbar, in einer weiteren Abstimmung im Unterhaus dieses Vorgehen absegnen zu lassen. Ob sie damit Erfolg hätte, steht jedoch in den Sternen. Die Regierung verfügt im Unterhaus über keine eigene Mehrheit und ist auf die Stimmen einer nordirisch­en Regionalpa­rtei angewiesen. Davis selbst hat sich mittlerwei­le dazu bereiterkl­ärt, Mitte der kommenden Woche vor dem Brexit-Ausschuss zu erscheinen.

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