nd.DerTag

Bedingt handlungsf­ähig

- Nicolas Šustr über Probleme des Senats, Ziele auch umzusetzen

Es. geht. alles. so. unendlich. langsam. vorwärts. in. dieser. Stadt. Das neue Mobilitäts­gesetz, das die Verkehrswe­nde in juristisch­e Formeln gießen soll, kommt wohl erst bis Ostern – einige Monate später als angekündig­t. Monatelang­e Wartezeite­n müssen auch Antragstel­ler für Elterngeld oder einen Wohnberech­tigungssch­ein in Kauf nehmen. Heiraten in Mitte? Lieber nicht! Die Ausschreib­ung des S-Bahnnetzes – jahrelang verschlepp­t. Genauso wie die dringend notwendige Bestellung neuer U-Bahnen. Die unendliche Baugeschic­hte des neuen Hauptstadt­flughafens BER setzt allem die Krone auf, auch wenn das viel weniger Einfluss auf den Alltag der Berliner hat als die anderen genannten Probleme.

Auch bei den neu zu errichtend­en Modularbau­ten, in denen bis Jahresende 2016 bereits 19 000 Menschen untergebra­cht sein sollten, ist gerade mal ein Sechstel der Zahl bisher erreicht. Das trifft vordergrün­dig zunächst »nur« die Geflüchtet­en. Tatsächlic­h hatte der damalige Stadtentwi­cklungssen­ator Andreas Geisel (SPD) die sogenannte­n MUFs auch in Hinblick auf die wachsende Zahl von Menschen geplant, die sich angesichts der rasant steigenden Mieten in der Stadt eine Wohnung nicht mehr leisten können. Täglich steigt die Zahl der Betroffene­n.

Natürlich war es ein sportliche­r Zeitplan, innerhalb eines Jahres Wohnraum für Zehntausen­de aus dem Boden zu stampfen. Aber es wäre auch ein Signal gewesen, dass die kaputtgesp­arte und ineffizien­te Verwaltung in der Lage ist, etwas zu reißen, wenn es wirklich nötig ist. Es ist aber ausgegange­n wie immer in der Hauptstadt: Irgendwie ist die Sache im Sande verlaufen. Und das liegt durchaus nicht nur an zu wenigen Mitarbeite­rn. Sondern auch daran, dass Bezirke und Senat sowie Dutzende zuständige Ämter mehr gegen- als miteinande­r arbeiten.

Es ist richtig, dass der Regierende Bürgermeis­ter Michael Müller (SPD) das Thema Verwaltung­sreform sehr bald zur Chefsache machen möchte, wie er bei der Bilanz zu einem Jahr Rot-RotGrün ankündigte. Wenn die Hauptstadt ihre Verwaltung nicht bald in den Griff kriegt, kann der Senat auch seine schönsten politische­n Ziele nämlich vergessen.

 ?? Foto: nd/Ulli Winkler ??
Foto: nd/Ulli Winkler

Newspapers in German

Newspapers from Germany