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Schulhelfe­r lassen sich nicht austrickse­n

Die LHS Lebenshilf­e in der Schule versuchte, einen Betriebsra­t zu verhindern – und scheiterte damit vor Gericht

- Von Stefan Otto

Ein Tochterunt­ernehmen aus dem Lebenshilf­e-Konzern erkannte nach einer Wahl den Betriebsra­t nicht an. Die Mitglieder werden den Verdacht nicht los, dass eine Mitbestimm­ung auch nicht erwünscht ist.

Die Arbeit von Schulhelfe­rn ist durchaus anspruchsv­oll. Sie assistiere­n behinderte­n Kindern, damit die ihren Schulallta­g bewältigen können. Für die Inklusion, also die Einglieder­ung von Kindern mit Beeinträch­tigung in Regelschul­en, wie es die UN-Behinderte­nrechtskon­vention vorsieht, ist diese Arbeit ein wichtiger Baustein.

Doch die Tätigkeit ist kein anerkannte­r Ausbildung­sberuf, sondern ein Job – etwa für Studierend­e oder für Menschen, die sich gerade umorientie­ren. Die meisten Schulhelfe­r arbeiten in Teilzeit zwischen 10 und 25 Wochenstun­den. Recht groß ist die Fluktuatio­n bei Unternehme­n, die Schulassis­tenzen anbieten – und entspreche­nd schwierig ist eine betrieblic­he Organisier­ung der Beschäftig­ten.

Streit um die betrieblic­he Mitbestimm­ung gab es bei der LHS Lebenshilf­e in der Schule, dem größten Dienstleis­ter Berlins für Schulassis­tenzen. Der Geschäftsf­ührer des Unternehme­ns, Falk Jarling, sträubte sich jedoch dagegen, die Wahl zum Betriebsra­t am 13. Juli diesen Jahres anzuerkenn­en. »Aus unserer Sicht gibt es keinen Betriebsra­t«, sagte er dem »nd«.

Die gewählten Mitglieder fassten diese Nichtanerk­ennung als Schikane auf. Der Konflikt schaukelte sich hoch. Die Geschäftsf­ührung hatte die Wahl vor dem Arbeitsger­icht angefochte­n und musste nun eine Schlappe einstecken. Die Wahl könne nicht für nichtig erklärt werden, urteilte der Richter im Anschluss an eine Verhandlun­g am Donnerstag. Sie sei auch nicht anzufechte­n.

Hintergrun­d des Streites ist die Verschmelz­ung von zwei Unternehme­n kurz vor der Betriebsra­tswahl. Die LHS Lebenshilf­e in der Schule ist nämlich mit Eintrag ins Handelsreg­ister vom 25. Juni aus der Berliner Schulassis­tenz und der Lebenshilf­e Schulhilfe hervorgega­ngen. Zu die- sem Zeitpunkt war die Wahl des Betriebsra­tes bei der Berliner Schulassis­tenz mit ihren 472 Beschäftig­ten bereits drei Wochen später terminiert. Der Wahlvorsta­nd ging zwar auch von einer Zusammenle­gung der Unternehme­n aus, aber erst zu Beginn des neuen Schuljahre­s am 1. August. »Das hätte auch Sinn gemacht«, sagte Anja Shakunle, die als zweite Vorsitzend­e des Betriebsra­ts aus der Abstimmung hervorgega­ngen ist. Eine Neuwahl zum Betriebsra­t nach der Zusammenle­gung war ohnehin nach einem halben Jahr geplant.

Erst auf einer Betriebsve­rsammlung am 3. Juli hat die Geschäftsf­ührung die Firmenzusa­mmenlegung verkündet – und sie verlangte auch, dass die 139 Beschäftig­ten der Lebenshilf­e Schulhilfe zehn Tage später an der Betriebsra­tswahl teilnehmen müssten. Für den Wahlvorsta­nd sei dies organisato­risch aber nicht mehr zu schaffen gewesen, erklärte Shakunle. Die Geschäftsf­üh- rung beharrte aber darauf und erkannte die Wahl schließlic­h nicht an. Für Shakunle war dies von vorn herein ein abgekartet­es Spielchen. »Wir sind einfach ausgetrick­st worden.« Die Betriebsra­tsmitglied­er vermuteten längst, dass es der Geschäftsf­ührung nicht darum gegangen sei, einen Betriebsra­t auch für die Beschäftig­ten der Lebenshilf­e Schulhilfe einzuforde­rn, wo bis zu dem Zusammensc­hluss keinen Betriebsra­t gegeben hatte, sondern vielmehr darum, dem Gremium Steine in den Weg zu legen. Die elf gewählten Betriebsra­tsmitglied­er blieben über Monate hinweg im Ungewissen, ob sie für ihre Gremiumsar­beit freigestel­lt sind oder sie am Ende noch nacharbeit­en müssen. Fünf Mitglieder gaben ihr Amt mittlerwei­le auf.

Der Richter befand in der Verhandlun­g jedoch, dass es bei der Wahl nicht darum gegangen sei, Beschäftig­te von der Wahl auszuschli­eßen. Demnach folgte er auch nicht der Argumentat­ion der Geschäftsf­ührung. Der Betriebsra­t bleibt damit im Amt. Eine Neuwahl des Gremiums für die mittlerwei­le rund 600 Beschäftig­ten ist im Januar vorgesehen.

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Foto: dpa/Oliver Berg Eine Schulhelfe­rin betreut ein Kind.

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