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Ein Plan für den musealen Preußenfim­mel

Innovation­skonzept für das Potsdamer Haus der Brandenbur­gisch-Preußische­n Geschichte vorgestell­t

- Von Andreas Fritsche

Der historisch­e Kutschstal­l in Potsdam soll noch einmal umgebaut werden. Diesmal geht es darum, das 2003 eingezogen­e Museum zu modernisie­ren.

Im Juli 2018 schließt das Potsdamer Haus der Brandenbur­gisch-Preußische­n Geschichte (HBPG) seine Dauerausst­ellung »Land und Leute«. Das 2003 eröffnete Museum soll umfassend saniert und modernisie­rt werden. Am Donnerstag stellte Direktor Kurt Winkler die Zukunftspl­äne vor. Sie sind mit der Hilfe der Münchner Kulturbera­tungsagent­ur actori entwickelt worden.

Unter anderem sollen im Zuge der Neukonzept­ion die neuesten Standards der Barrierefr­eiheit erfüllt werden, erklärte Winkler. Während der Baumaßnahm­en soll das Stadtmodel­l, an dem viele Stadtführu­ngen beginnen, jedoch zugänglich bleiben. 2019 will das HBPG eine Sonderauss­tellung zum 200. Geburtstag des Schriftste­llers Theodor Fontane zeigen, bevor 2020 im Erdgeschos­s die völlig neue Dauerausst­ellung eröffnet wird.

Von einem »erhebliche­n Finanzaufw­and« und »personelle­n Verstärkun­gen« sprach Oberbürger­meister Jann Jakobs (SPD). Die Stadt habe sich mit dem Land Brandenbur­g verständig­t, dass sie die notwendige­n Mittel gemeinsam bereitstel­len. Die jährlichen Zuwendunge­n sollen von 1,9 Millionen auf 2,8 Millionen Euro erhöht werden. Für die Phase der Umgestaltu­ng sollen zusätzlich 1,6 Millionen Euro spendiert werden. Hinzu kommen die Baukosten, die sich auf 3,4 Millionen belaufen.

Das HBPG befindet sich am Neuen Markt 9 im alten Kutschstal­l von 1789, einem Überrest des historisch­en Stadtschlo­ssensemble­s. Als das Gemäuer zum Museum umfunktion­iert wurde, roch es im Gebälk noch nach Pferden. Seit 2003 kamen insgesamt eine Million Besucher in eine der 75 Ausstellun­gen und 1000 Veranstalt­ungen. Der Start war noch geprägt von der Ära des 2002 abgetreten­en Ministerpr­äsidenten Manfred Stolpe (SPD). Dem war es mit seinem Preußenfim­mel gelungen, dem 1990 aus mehreren DDR-Bezirken gebildeten Bundesland eine Identität zu verpassen. Dabei hatte er den verhängnis­vollen Militarism­us, den berüchtigt­en Kadavergeh­orsam in der Betrachtun­g beiseitege­schoben und positive Seiten wie die Kulturleis­tungen und die relative religiöse Toleranz in den Fokus zu rücken versucht.

Bei Museumsdir­ektor Winkler klingt das heute viel moderner und sympathisc­her: »Der kulturelle­n Identität der Regionen kommt eine wichtige Rolle für den Zusammenha­lt zu. Identität darf aber nicht zur Ausgrenzun­g anderer missbrauch­t werden, sie ist vielmehr Ergebnis eines öffentlich­en Diskussion­sprozesses. Dies gilt besonders für Branden- burg, dessen Geschichte so stark von Migration und Transfer zwischen Nachbarn geprägt ist.« Das HBPG verstehe sich als Ort, an dem Potsdamer und Gäste aus nah und fern eingeladen sind, Brandenbur­g »kennen- und ›lesen‹ zu lernen«. Winkler erinnerte, dass immer die Frage gestellt werde: »Wie haltet ihr es mit Preußen?« Das Thema sei ein »ganz heißes«, das viele Menschen mobilisier­e. »Streit ist gut, wenn er sich auf Wissen bezieht«, findet Winkler. Zur Wissensver­mittlung will das HBPG beitragen, insbesonde­re auch mit seinen Angeboten für Schulklass­en.

Von der Debatte um Preußen berührt ist, was sich nur einen Steinwurf entfernt am Alten Markt ab- spielt. Dort steht seit ein paar Jahren der Landtag, dessen Fassade eine Kopie des einstigen Stadtschlo­sses der Hohenzolle­rn ist, und es läuft nebenan der umstritten­e Abriss des Fachhochsc­hulgebäude­s. Das markante Zeugnis der DDR-Architektu­r soll verschwind­en. Das Bündnis »Stadtmitte für alle« hat andere Vorstellun­gen.

»Wir werden an diesem Standort erhebliche Veränderun­gen erfahren«, meint Oberbürger­meister Jakobs. Er glaubt, dass Alter und Neuer Markt dadurch »stadträuml­ich« einander näher rücken werden. Der Neue Markt werde deswegen sicher stärker von Touristen frequentie­rt sein. Das Museum könnte davon profitiere­n.

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Foto: dpa/Settnik Ein Besucher betrachtet das Bild »Der König überall«.

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